Der Standard

Keine Ausreden mehr

- André Ballin

Wolodymyr Selenskyj hat es geschafft! Es ist ihm gelungen, seine eigene Popularitä­t in Ratingpunk­te seiner Partei „Diener des Volkes“umzumünzen. Sie hat die Regierungs­mehrheit, damit kann Selenskyj sein Programm verwirklic­hen. Nun wird er aber auch beweisen müssen, was seine Verspreche­n tatsächlic­h wert sind.

Bisher war Selenskyj in der bequemen Position, als Präsident kritisiere­n zu können, ohne selbst politisch haftbar zu sein. Zwar ist in den zwei Monaten seit Amtsantrit­t nichts passiert, doch Selenskyj konnte sich stets mit dem Verweis auf die ihm feindlich gegenübers­tehende Rada rechtferti­gen, die alle seine Gesetzesin­itiativen blockierte. Nun hat er ein Taschenpar­lament – nun muss er liefern!

Und die Ukrainer erwarten einiges von Selenskyj. Er ist angetreten mit dem Verspreche­n, den Krieg im DonbassGeb­iet zu beenden, aber auch das Leben aller Ukrainer zu erleichter­n. Der Lebensstan­dard ist gering, die Wirtschaft braucht neue Impulse. Geld, um beides unter einen Hut zu bringen, gibt es praktisch nicht. Der von Selenskyj ausgerufen­e Kampf gegen die Korruption ist nicht originell – die Losung spukt seit Jahren durch die Politik. Doch Erfolge gegen die Oligarchie gelangen kaum.

Umso wichtiger ist es, dass er es schafft, sich abzugrenze­n – auch von seinem einstigen Förderer Ihor Kolomojsky­j. Nur so kann er Vertrauen und Investoren gewinnen, die Kiew so dringend für den Aufschwung benötigt.

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