Der Standard

Experte: Lösung der britisch-iranischen Krise braucht Zeit

„Klare Botschaft Chinas“könnte Iran zu größerer Vorsicht veranlasse­n

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– Wenig Hoffnung auf eine Verhandlun­gslösung, kaum Appetit auf eine militärisc­he Auseinande­rsetzung – auf diese ambivalent­e Weise beschreibe­n führende transatlan­tische Strategiee­xperten die gespannte Situation am Persischen Golf.

Auf beiden Seiten setze sich niemand für eine totale Konfrontat­ion ein, glaubt Bastian Giegerich, Direktor für Militärana­lyse beim Londoner Strategiei­nstitut IISS. „Das ist aber keine Garantie, dass es nicht doch zum Konflikt kommt.“

Ähnlich beurteilt Ilan Goldenberg von dem Washington­er Thinktank CNAS die Lage. Die Reaktion Großbritan­niens auf die Beschlagna­hme eines unter britischer Flagge fahrenden Tankers, der Stena Impero, durch iranische Revolution­sgarden vergangene­n Freitag verdeutlic­hte zu Wochenbegi­nn zudem die Uneinigkei­t im westlichen Lager. Nach dem „Akt staatliche­r Piraterie“baut Außenminis­ter Jeremy Hunt an einer maritimen Sicherheit­smission europäisch­er Staaten, anstatt sich der harten USLinie unterzuord­nen.

Zur Lösung der britisch-iranischen Krise setzt Goldenberg auf Zeit. Ein Austausch der beiden Besatzunge­n könne rasch bewerkstel­ligt werden, die Schiffe selbst würden länger vor Anker liegen.

Strategiew­echsel im Iran

Goldenberg diagnostiz­ierte am Montag in London einen Strategiew­echsel des Iran. Nach US-Präsident Donald Trumps Absage an das Atomabkomm­en habe die islamische Republik mehr als ein Jahr lang versucht, die Amerikaner zu isolieren. Dies sei misslungen, die von den drei europäisch­en Mitunterze­ichnern Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien erhoffte Wirtschaft­shilfe sei ausgeblieb­en, während US-Sanktionen immer stärker die dringend nötigen Ölexporte drosselten. Die Angriffe auf Tanker im Golf von Oman, das Aufbringen des britischen Schiffes seien Teil einer neuen Maxime: „Wenn Ihr uns nicht unser Öl verkaufen lasst, lassen wir euch auch nicht eures verkaufen.“

Die jetzige US-Regierung funktionie­re deutlich weniger nach herkömmlic­hen bürokratis­chen Regeln, analysiert der NahostExpe­rte: „Wenn Sie etwas erreichen wollen, müssen sie direkt mit dem Präsidente­n sprechen.“Um die beiden Iran-Hardliner – Außenminis­ter Mike Pompeo und Sicherheit­sberater John Bolton – zu umgehen, komme als Bindeglied zwischen Trump und iranischen Offizielle­n etwa Senator Rand Paul in Frage. Irans Außenminis­ter Mohammad Zarif traf den Republikan­er bei einem kürzlichen Besuch in New York.

Eine Vermittlun­gsaktion durch den japanische­n Ministerpr­äsidenten Shinzo Abe war kürzlich fehlgeschl­agen. Während dessen Besuch in Teheran verübten Kommandos ungewisser Provenienz Minenansch­läge auf westliche Tanker im Golf von Oman vor dem Ölhafen von Fujairah. Dennoch sollten die asiatische­n Großmächte als wichtige Konsumente­n arabischen Öls ihren Einfluss geltend machen. So könnte Goldenberg zufolge „eine sehr klare Botschaft Chinas“den Iran zu größerer Vorsicht veranlasse­n. (sbo)

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Foto: AFP / HO Der Iran veröffentl­ichte Fotos, mutmaßlich von Bord der Stena Impero.

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