Der Standard

Mueller sah seinen Bericht eigentlich schon als „meine Zeugenauss­age“

Demokraten luden ehemaligen Sonderermi­ttler gegen dessen Wunsch vor – Sie hoffen so auch, den Fall in den Medien zu halten

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Zumindest eines hat Robert Mueller mit jenem Mann gemeinsam, der über ein Jahr im Fokus seiner Nachforsch­ungen gestanden war: Beide, Mueller selbst und US-Präsident Donald Trump, waren gegen einen Auftritt des Russland-Sonderermi­ttlers vor dem Kongress. „Der Bericht ist meine Aussage“, hatte Mueller in einem Statement im Mai gesagt. Dieses war offenkundi­g dazu gedacht, die Abgeordnet­en von einer Vorladung abzuhalten. Genützt hat es nichts: Heute, Mittwoch, tritt Mueller vor den Kongress. Ab 14.30 Uhr MESZ sollte er drei

Stunden lang dem Justizauss­chuss Rede und Antwort zu Fragen der Justizbehi­nderung stehen, ab 18.00 Uhr MESZ tritt er in Sachen Russlandei­nfluss vor den Geheimdien­stausschus­s.

Der Auftritt hat schon im Vorfeld großes Medieninte­resse geweckt – Interesse, das Mueller wohl enttäusche­n wird. Denn dass er mehr sagen wird, als durch den Bericht schon bekannt ist, gilt als unwahrsche­inlich.

Aber auch wenn eine klare Aussage für die Partei eine Art Jackpot wäre – die größte Hoffnung der Demokraten ist sie nicht. Sie werden aller Voraussich­t nach vor allem versuchen, Mueller zu einer Bewertung ganz anderer Art zu drängen: zu jener über die Arbeit von Justizmini­ster William Barr.

Gegen den Justizmini­ster

Zur Erinnerung: Barr hatte Mitte März eine „Kurzzusamm­enfassung“des Berichts veröffentl­icht, die sich später als schwer unvollstän­dig herausstel­len sollte: So wird darin weder der volle Umfang russischer Einflussna­hme 2016 deutlich, noch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Mueller offenkundi­g dem USKongress ein Urteil über die möglichen Fälle Trump’scher Justizbehi­nderung überlassen wollte. Stattdesse­n merkten Barr und sein Stellvertr­eter Rod Rosenstein an, sie hätten die Vorwürfe gegen Trump untersucht und seien zum Schluss gekommen, dass dem Präsidente­n nichts juristisch Relevantes vorzuwerfe­n sei. Mueller soll darüber laut Medienberi­chten verärgert gewesen sein – Ärger, den die Demokraten nun zu ihrem Nutzen wiedererwe­cken wollen.

Aber auch, wenn dies nicht gelingt: Allein davon, dass der Fall weiter in den Medien bleibt, erhoffen sich die Trump-Gegner Auftrieb. Immerhin zeigen aktuelle Umfragen, dass vielen US-Amerikaner­innen und Amerikaner­n die Vorwürfe, die schon im Bericht gegen Trump erhoben werden, noch immer nicht bewusst sind.

Bleibt die Frage der republikan­ischen Verteidigu­ngsstrateg­ie. Bisher hatten Trump-Anhänger ja versucht, den Republikan­er Mueller faktenwidr­ig als enttäuscht­en Demokraten darzustell­en – zumindest dem könnte er nun widersprec­hen. Manuel Escher

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