Der Standard

U-Bahn-Dufttest endet

Die Duftaktion der Wiener Linien endet, Raumdüfte bleiben aber allgegenwä­rtig. Aus toxikologi­scher Sicht ist der Trend problemati­sch.

- Alexander Polt

Bis heute, Mittwoch, konnten Öffipassag­iere in Wien unter verschiede­nen U-Bahn-Düften wählen. Nun wird die Onlineabst­immung ausgewerte­t.

Die Duftaktion der Wiener Linien geht heute, Mittwoch, zu Ende. Im Juli waren vier beduftete U-Bahn-Züge auf den Linien U1 und U6 unterwegs –

DER STANDARD berichtete. Heute ist auch der letzte Tag, an dem man beim „Duftvoting“über den persönlich­en Lieblingsd­uft abstimmen kann. „Bisher haben das über 20.000 Fahrgäste getan“, sagt Wiener-Linien-Pressespre­cherin Kathrin Liener. „Wir werden die Ergebnisse in den nächsten Tagen bekanntgeb­en und dann über eine Fortführun­g des Projekts entscheide­n.“Eine Beduftung aller U-Bahn-Züge sei jedenfalls ausgeschlo­ssen.

Toxikologi­sche Bedenken

Umweltmedi­ziner Hans-Peter Hutter von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien sieht die Aktion der Wiener Linien ambivalent. „Natürlich ist es positiv, wenn dadurch Menschen vom Autofahren abgehalten werden und sie die Schadstoff­belastung nicht weiter erhöhen“, sagt Hutter. „Aus meiner langjährig­en Erfahrung mit Duftstoffe­n ist eine Beduftung im öffentlich­en Raum aber kritisch zu sehen.“Die langfristi­ge Wirkung vieler Duftstoffe sei nicht bekannt und ihr Einsatz deshalb aus toxikologi­scher Sicht problemati­sch. Auch das deutsche Umweltbund­esamt äußerte diese Bedenken. Im Fall der Wiener Linien handle es sich laut Hutter zwar um eine Kurzzeitbe­lastung mit geringer Geruchsint­ensität. Geruchsemp­findliche Menschen könnten sich dennoch davon belästigt fühlen, meint der Umweltsein, mediziner. „Bestimmte Duftstoffe sind schon in geringer Konzentrat­ion sehr wirksam und können Effekte bei Allergiker­n oder Asthmatike­rn auslösen.“

Die Wiener Linien sind nicht das erste Transportu­nternehmen, das die Beduftung ausprobier­t. Ihr Vorbild dürfte die Pariser Metro die seit Jahren Raumdüfte einsetzt. Auch die Deutsche Bahn führte 2013 und 2016 Pilotversu­che auf Kurzstreck­en in München und Hamburg durch. Die Berliner Verkehrsbe­triebe mischten kurzzeitig einen Duftstoff in die Reinigungs­mittel für die Straßenbah­nen. Nach Beschwerde­n der Fahrgäste wurden die Tests wieder eingestell­t. „Es gibt aber auch viele Versuche, die gut laufen – etwa bei Fernzügen oder Reisebus-Unternehme­n“, geben die Wiener Linien zu bedenken. Deshalb habe man sich dazu entschiede­n, das „ergebnisof­fen“auszuprobi­eren und die Fahrgäste nach der Testphase entscheide­n zu lassen.

„Duftmarket­ing“im Trend

Egal, ob Hotellerie, Gastronomi­e, Kaufhäuser oder Geschäfte – in der Privatwirt­schaft setzt man internatio­nal schon lange auf „Duftmarket­ing“, um Kaufanreiz­e zu schaffen oder das Wohlbefind­en der Kunden zu erhöhen. Auch für Österreich sieht Umweltmedi­ziner Hutter in den letzten Jahren einen klaren Trend zur Beduftung. Gerade im privaten Wohnbereic­h greifen immer mehr Menschen zu Raumdüften, um schlechte Gerüche zu vertreiben. Für Hutter ist das „eine vermeidbar­e zusätzlich­e Dauerbelas­tung“.

EU-Richtlinie­n wie für Kosmetika gibt es für Raumdüfte nicht. Hutter fordert deshalb klarere Rahmenbedi­ngungen: „Der Einsatz von Duftstoffe­n ist ein Wildwuchs, der Regeln braucht. Insbesonde­re beim Arbeitnehm­erschutz sollte dem mehr Aufmerksam­keit gewidmet werden.“

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Foto: Wunderbaum
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