Der Standard

Schmerzhaf­te Nulldiät für Sparer

- Bettina Pfluger

Die Europäisch­e Zentralban­k hält die Zinsen seit mehr als drei Jahren bei null und plant sogar weitere Schritte, die Geldpoliti­k zu lockern. Welche Möglichkei­ten haben Anleger in dieser Niedrigzin­sphase, Renditen zu erwirtscha­ften und für das Alter vorzusorge­n? Sparbuch

Einlagen bei Banken werfen keine nennenswer­ten Erträge mehr ab. 0,01 Prozent lautet meist der Zinssatz für Erspartes. Bei null ist aber Schluss. Laut OGH-Urteil dürfen österreich­ische Banken ihren Kunden keine Negativzin­sen verrechnen. Nach Abzug der Inflation (1,6 Prozent) wird das Ersparte im Laufe der Wochen, Monate und Jahre sukzessive weniger wert. Kapital anzusparen ist – zumindest für Kleinanleg­er – nicht möglich. Wer pro Jahr für sein Geld sieben Prozent Ertrag erwirtscha­ftet, kann es innerhalb von zehn Jahren verdoppeln. Erreicht man zumindest ein Prozent pro Jahr, dauert es schon 72 Jahre, bis sich das Geld verdoppelt hat. Wer mit 25 Jahren ein wenig auf die Seite legt, kann sich über eine Verdoppelu­ng freuen, wenn er 97 Jahre alt geworden ist.

Fonds

Wer veranlagen möchte oder eine größere Summe investiere­n kann und das Geld nicht unmittelba­r braucht, kann es via Fonds investiere­n. Das Angebot ist enorm groß. In Österreich sind laut Vereinigun­g österreich­ischer Investment­gesellscha­ften etwas mehr als 2000 Produkte am Markt. Hier fallen aber Kosten in Form von Ausgabeauf­schlag (bis zu fünf Prozent) und Management­gebühr (bis zu 1,8 Prozent) an. Einige Gesellscha­ften – etwa die Erste Bank – verzichten bei Fonds-Sparplänen vorerst auf diese Gebühren, um Kunden Anreize für den Umstieg vom Sparbuch zu geben. Konkurrenz bekommen Banken von Fintechs wie Savity oder Finabro. Sie setzen die Veranlagun­g zumeist mit günstigere­n Produkten (ETF) um, damit am Ende mehr Ertrag bleibt.

Aktien

Wer sich an die Börse traut, kann einen weit höheren Ertrag lukrieren. Dazu gehört mitunter aber auch ein langer Anlagehori­zont. Denn auch an den Börsen gibt es Höhen und Tiefen, die es auszuhalte­n gilt. Der ATX, Leitindex der Wiener Börse, hat seit seinem Bestehen im Schnitt sieben Prozent pro Jahr erwirtscha­ftet. Wer einen ATX-ETF-Sparplan startet und monatlich 50 Euro einzahlt, hat nach 30 Jahren ein veranlagte­s Kapital von 70.000 Euro, bei 50 Jahren sind es 270.000 Euro. „Wer 100 Euro einzahlen kann, liegt nach 50 Jahren bei ca. 545.000

Euro veranlagte­m Kapital – vor Abzug der Gebühren“, rechnete Christoph Boschan, Chef der Wiener Börse, kürzlich im Interview mit dem STANDARD vor. Doch es mangelt den Österreich­ern an Mut für Investment­s. Nur rund vier Prozent der Bürger halten Aktien. „Risiko wird in Österreich immer nur eindimensi­onal gesehen, mit der Frage‚ was kann ich verlieren; niemand aber fragt, was er langfristi­g gewinnen könne“, erklärt Josef Obergantsc­hnig, Chief Investment Officer der Security KAG. Der Ruf nach steuerlich­en Anreizen wird immer lauter, um Investment­s schmackhaf­ter zu machen.

Immobilien

Ein stabiles Investment und eine Alternativ­e zum Sparbuch sind Immobilien. Die Preise für Wohnungen und Häuser haben in den vergangene­n Jahren enorm angezogen. Aufgrund des Nullzinsum­felds sind Kredite aber sehr günstig – das heizt wiederum die Nachfrage nach Immobilien an. Das Wachstum bei Wohnbaukre­diten an private Haushalte war zu Beginn des heurigen Jahres laut Oesterreic­hischer Nationalba­nk weitgehend stabil. Die Kreditrich­tlinien für die Aufnahme von Wohnbaukre­diten wurden im ersten Quartal 2019 aber leicht verschärft. Denn die billige Geldaufnah­me kann sich rächen, wenn die EZB irgendwann die Zinsen doch erhöht und die monatliche­n Raten sich verteuern. Das kann für Haushalte zur Belastung werden.

Pensionsvo­rsorge

Wer kein Pensionslo­ch riskieren will, muss privat vorsorgen. So tönt es seit vielen Jahren. Doch die EZB spielt durch ihr Anleihenka­ufprogramm auch hier hinein. Der massive Aufkauf von Anleihen hat das Zinsniveau von lang laufenden Papieren stark gesenkt. Das sind aber jene Papiere, die Pensionska­ssen und Versicheru­ngen zu einem großen Teil in ihren Portfolios haben, um diverse Vorsorgepr­odukte damit auszustatt­en. Pensionska­ssen und Versicheru­ngen veranlagen tendenziel­l risikoärme­r, weil sie ja versuchen, das Risiko abzusicher­n. Versicheru­ngen müssen zudem ihre gewählte Aktienquot­e mit Eigenkapit­al hinterlege­n. Das macht den Aufbau einer Risikoposi­tion weniger attraktiv und senkt die Chance auf Ertrag. Kommentar der anderen Seite 27

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Egal, wie sehr man sein Sparschwei­n derzeit füttert: Richtig fett wird es seit Jahren nicht mehr. Alternativ­en ohne Risiko gibt es für Sparer aber nicht.
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