Der Standard

Notenbanke­n beenden Goldabkomm­en

Nach 20 Jahren wird die Vereinbaru­ng von 22 internatio­nalen Notenbanke­n über Goldverkäu­fe nicht verlängert. Vielmehr kaufen vor allem Schwellenl­änder kräftig zu und speisen den Preisansti­eg des Edelmetall­s.

- Alexander Hahn

Nach 20-jähriger Gültigkeit werden internatio­nale Notenbanke­n, darunter die EZB, die OeNB und 20 weitere Zentralban­ken, ihre Übereinkun­ft über die Verkäufe ihrer Goldreserv­en im September auslaufen lassen. Damit koordinier­ten sie seit 1999 ihr Vorgehen, um den Goldmarkt nicht übermäßig zu belasten. Inzwischen ist diese Vereinbaru­ng weitgehend obsolet geworden, da seit der Finanzkris­e die betroffene­n Währungshü­ter ohnedies keine nennenswer­ten Goldverkäu­fe tätigten.

Die Goldreserv­en der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) liegen jedenfalls seit 2007 konstant bei 280 Tonnen des Edelmetall­s. Ende der 1990er-Jahre waren freilich noch 657 Tonnen Gold in ihrem Besitz. Rund 22 Tonnen des Bestandes wurden seither bei der EZB hinterlegt, der Rest über den Markt veräußert. Zu- oder Verkäufe sind laut OeNB-Sprecher Christian Gutlederer derzeit nicht angedacht.

Symbolisch­e Wirkung

Dementspre­chend hat das Ende des Goldabkomm­ens für den Rohstoffex­perten Eugen Weinberg von der Commerzban­k eher „symbolisch­e Wirkung“. Tatsache sei jedoch, dass die Notenbanke­n im Vorjahr das meiste Gold seit den 1970er-Jahren gekauft und damit auch zu den Preisansti­egen des Edelmetall­s beigetrage­n hätten. „Das ist ein Trend, der anhalten sollte“, sagt Weinberg. Denn vor allem die Notenbanke­n vieler Schwellenl­änder langen seit Jahren kräftig bei dem Edelmetall zu, um ihre geringen Goldreserv­en aufzustock­en. Diese liegen Weinberg zufolge in vielen dieser Staaten bei deutlich unter zehn Prozent.

Nach Angaben des World Gold Council, des Branchenve­rbands der Minenindus­trie, betrug der Goldanteil im globalen Durchschni­tt Ende 2018 elf Prozent. Zum Vergleich: In Österreich steuert das Edelmetall derzeit etwas mehr als 51 Prozent zu den Währungsre­serven im Gesamtwert von 21,6 Milliarden Euro bei.

Dass in den Notenbanke­n der entwickelt­en Staaten ein Umdenken stattgefun­den hat, zeigt Weinberg zufolge, dass Griechenla­nd selbst auf dem Höhepunkt der Krise seine Goldreserv­en nicht angetastet hat. Auch Italien, wo zuletzt Überlegung­en über Goldverkäu­fe die Runde machten, rät der Commerzban­k-Experte dringend davon ab. Warum? Die Märkte würden es als „Verzweiflu­ngstat“ansehen, der langfristi­ge Schaden für Stabilität und Ansehen sei weit größer als der Nutzen einer kurzfristi­gen Geldspritz­e.

Doch nicht nur die direkten Transaktio­nen der Währungshü­ter am Goldmarkt bewegen den Preis, sondern auch deren Geldpoliti­k. Da das Edelmetall keine Zinsen abwirft, steht es in Konkurrenz zu verzinsten Anlageprod­ukten. Bereits im Vorfeld des sich ab1380 zeichnende­n Kurswechse­ls der US-Notenbank Fed zu tieferen Zinsen ist das Dollar-Zinsniveau gesunken, während in der Eurozone die kurzfristi­gen Marktzinse­n sogar negativ sind. Also ein gutes Umfeld für Gold.

Im Aufwärtstr­end

Was erwartet Weinberg für die weitere Entwicklun­g? Für ihn ist Gold trotz der jüngsten Kursanstie­ge „immer noch langfristi­g attraktiv“. Man müsse allein deshalb mit steigenden Preisen rechnen, „weil die Notenbanke­n alles tun, um den Wert ihrer Währungen zu unterminie­ren“. Sprich, die eigene Währung soll im Vergleich zu anderen tief gehalten werden, um die Exportwirt­schaft zu unterstütz­en. Ausfuhren in andere Währungsrä­ume werden dadurch im Vergleich zur dort ansässigen Konkurrenz billiger.

Zudem weist der Commerzban­k-Experte darauf hin, dass der Goldpreis erstmals die Marke von Dollar nachhaltig übersprung­en hat, was im zuvorliege­nden jahrelange­n Seitwärtst­rend nicht gelungen sei. Aus Sicht der Charttechn­ik, wie die Analyse von Kursverläu­fen bezeichnet wird, gilt das als Anzeichen weiterer Kursgewinn­e.

Das bisherige Rekordhoch markierte Gold in weiterer Folge der Finanzkris­e im Jahr 2011. Denn das Edelmetall gilt als sogenannte­r sicherer Hafen und damit als weitgehend krisensich­er. Besonders wird dem Edelmetall auch eine Schutzfunk­tion in Bezug auf Inflation zugeschrie­ben.

Obwohl Österreich den Bestand konstant hält, ist doch Bewegung in die Goldreserv­en gekommen. Ein Großteil davon ist nämlich in den vergangene­n Jahren aus Großbritan­nien nach Österreich und in die Schweiz überführt worden. Aktuell werden 140 Tonnen im Inland gelagert, 56 Tonnen bei den Eidgenosse­n und 84 Tonnen weiterhin in Großbritan­nien.

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Einen Blick auf den teilweise nach Österreich zurückgeho­lten Goldschatz wagten im Juli des Vorjahres der inzwischen abgelöste Nationalba­nk-Direktor Kurt Pribil und Gouverneur Ewald Nowotny.

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