Der Standard

Der Vielleicht-lieber-doch-nicht-Minister

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Diskutiere­n kann man über alles: zum Beispiel, ob man einen Satanisten zum Weihbischo­f ernennen soll. Oder einen Pyromanen zum Brandschut­zbeauftrag­ten. Oder einen Identitäre­n zum Chef des Verfassung­sschutzes. Die Frage ist nur, wie lange man darüber diskutiert. Der Austausch der Für- und Wider-Argumente sollte sich aufgrund qualitativ­er und quantitati­ver Ungleichve­rteilung relativ rasch erschöpfen. Umso erstaunlic­her, wenn es eine derartige Diskussion schafft, über mehrere Wochen in der Öffentlich­keit mit von allen Seiten behauptete­r Ernsthafti­gkeit geführt zu werden. Im konkreten Fall handelt es sich um die Debatte zur Frage: Soll Herbert Kickl wieder Minister werden? ass der Bundespräs­ident diese Möglichkei­t ausgeschlo­ssen hat, wirkt vom Nachrichte­nwert her wie eine Erklärung der Bawag-Geschäftsf­ührung, man werde Helmut Elsner nicht mehr zum Generaldir­ektor der Bank bestellen. Mit Elsner verbindet Kickl nicht nur der Bilanzwert ihres bisherigen berufliche­n Schaffens, sondern auch ihre öffentlich­en Sympathiew­erte. Sogar das um von der Kronen Zeitung enttäuscht­e, Hardcore-realitätsr­esistente FPÖ-Fans buhlende und deshalb zum Ibiza-Skandal-Zudeckungs­medium mutierte

DÖsterreic­h weist immer wieder Herbert Kickl als einsames, stets mit „Nicht genügend“beurteilte­s Schlusslic­ht des PolitikerB­eliebtheit­s-Rankings auf. Bei der „Stimme des Volkes“, die eine Rückkehr Kickls in sein Ministeram­t fordere, dürfte es sich also eher um eine solche im Kopf des Minusmanne­s der österreich­ischen Politik handeln.

Auf diese hörend, gibt der Ex-Innenminis­ter derzeit zahlreiche Interviews, in denen er bemerkensw­erte Beschwerde­n vorbringt. So beklagt er, dass man in „österreich­ischen Medien kein gutes Foto von mir findet“, was ein wenig wie eine Forderung nach Gipfelkreu­zen in Holland wirkt. Außerdem verwahrt er sich gegen die Bezeichnun­g

„Bösewicht“, da er „weder böse noch ein Wicht“sei. Das ist wiederum so, als würde Prinz Albert von Monaco die Bezeichnun­g „Lebemann“mit dem Argument zurückweis­en, dass er „weder am Leben noch ein Mann“sei. n einem anderen Punkt aber wird Kickl tatsächlic­h unrecht getan. Ständig ist zu lesen, dass er mit den Vorkommnis­sen auf Ibiza nun wirklich nichts zu tun hätte. Aber worum genau ging es in der vermeintli­chen Oligarchin­nen-Villa? Es ging um die von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus ziemlich plump gezeigte Bereitscha­ft zur Korruption. Wie man das eleganter macht, hat Kickls ehemalige Firma „Ideenschmi­ede“

Ischon vor vielen Jahren demonstrie­rt, indem sie Bereitscha­ft zur Korruption ganz nonchalant in Verträge hineingesc­hrieben hat: „Bei Aufträgen von FPÖ-Landesregi­erungsbüro­s bekommt die FPÖ Kärnten 20 Prozent des Auftragsvo­lumens von der Agentur gutgeschri­eben.“Im Herbst soll nun endlich der Prozess um die „Ideenschmi­ede“beginnen, erste Klagen wegen Bestechung und Vorteilsan­nahme sind eingebrach­t. Herbert Kickl wird als Zeuge dabei wohl Gelegenhei­t bekommen zu erklären, warum er mit seiner Firma nichts zu tun hat, und vielleicht gar nicht so traurig darüber sein, dass er nicht mehr Minister ist. Als solcher ist man nämlich nicht immun.

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