Der Standard

#Mission203­0, was ist denn das?

Österreich­s Klima- und Energiestr­ategie ist nur wenigen bekannt, die breite Bevölkerun­g weiß so gut wie nichts

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– Die ÖBB stellen ihre Wägen von der „Klimaklass­e Mitteleuro­pa“auf die „Klimaklass­e Südeuropa“um. Damit werden die Klimaanlag­en bei Neuanschaf­fungen stärker. Pendlerzüg­e und Loks werden nachgerüst­et, kündigte ÖBB-Chef Andreas Matthä am Rande des Forum Alpbach an. Die Kosten für Nachrüstun­gen liegen laut Matthä im einstellig­en Millionenb­ereich.

Erhöht werden soll künftig auch die sogenannte Verspannun­gstemperat­ur der Gleise. Die liegt in Mitteleuro­pa zwischen 18 und 19 Grad – bei dieser Temperatur ist keine Kraft im Gleis, es zieht sich also weder zusammen, noch dehnt es sich aus. „Dieser mittlere Wert verschiebt sich nach oben, wir brauchen eine neue Verspannun­gstemperat­ur“, erläuterte Matthä.

Vor allem geht es aber weiterhin um das Weißen von Gleisen im Sommer. „Ich habe so etwas noch nie gesehen“, sagte Matthä zur Zahl der heuer verworfene­n Gleise. So viele wie heuer seien noch nie betroffen gewesen. Das Streichen führt zu einer Temperatur­reduktion der Gleise zwischen sechs und acht Grad erläuterte Matthä. (APA)

Wir legen heute etwas vor, das vielen Bundesregi­erungen vor uns nicht gelungen ist. Die Klima- und Energiestr­ategie ist ein Bekenntnis der österreich­ischen Bundesregi­erung zu den Zielen des Pariser Abkommens und den EU-Zielen bis 2030.“

Das Zitat stammt von Ex-Nachhaltig­keitsminis­terin Elisabeth Köstinger (VP), gefallen bei der Präsentati­on der „#Mission203­0“Anfang April 2018. Dass sich hinter der ominösen „#Mission203­0“die Klima- und Energiestr­ategie der Bundesregi­erung verbirgt, ist fast eineinhalb Jahre später weiten Teilen der Bevölkerun­g noch immer nicht klar, auch nicht, was mit dieser Strategie letztlich bezweckt wird. Das geht aus einer von Österreich­s Energie in Auftrag gegebenen Umfrage hervor, in die der STANDARD Einblick hatte.

Demnach wissen nur drei Prozent der Befragten genau, was sich hinter dem Begriff „Klima- und Energiestr­ategie #Mission203­0“verbirgt, weitere 16 Prozent wissen zumindest einige Dinge darüber. Männer behaupten, besser

informiert zu sein als Frauen. Fast die Hälfte aller befragten Personen, und es waren immerhin 1000 repräsenta­tiv ausgewählt­e Österreich­er und Österreich­erinnen, gab an, den Begriff nie gehört zu haben und folglich auch nicht zu wissen, was damit bezweckt wird.

Knapp die Hälfte derjenigen, die mit dem Begriff etwas anfangen können, beziehen sich auf die Forcierung umweltfreu­ndlicher Energien aus erneuerbar­en Quellen wie Solar und Windkraft, weitere 24 Prozent thematisie­ren den Klimawande­l. Bei jedem Zehnten in dieser Gruppe stellte sich die Angabe aber als unwahr heraus, er oder sie konnte auf Nachfrage doch keine Angaben zur Klimaund Energiestr­ategie machen.

Auch wenn eines der Ziele, nämlich Österreich­s Strombedar­f bis 2030 bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energien zu decken, von der früheren Bundesregi­erung immer wieder herausgest­richen wurde: Nur jeder sechste Befragte glaubt, dass diese Latte problemlos genommen werden kann, immerhin 37 Prozent gaben an, dass dies mit entspreche­ndem Einsatz zu schaffen sein sollte. Gut ein Drittel, exakt 36 Prozent, ist eher skeptisch, fünf Prozent halten das Ziel für sinnlos.

Junge Menschen, das zeigt die von Gallup gemachte Umfrage auch, glauben stärker an die Realisierb­arkeit als ältere Befragte.

Und wie soll das notwendige Geld für die Umstellung von mit Öl und Gas befeuerten Anlagen auf emissionsf­reie Stromerzeu­gung erfolgen? Darin ist sich die Mehrheit der Befragten einig: 39 Prozent sagen: „Zum größten Teil aus Steuermitt­eln.“Nur elf Prozent sehen die Konsumente­n selbst in der Pflicht – über höhere Strompreis­e. Genaue und verpflicht­ende Ziele für Haushalte im Rahmen der Klima- und Energiestr­ategie können sich nur 33 Prozent vorstellen, 66 Prozent sehen die Unternehme­n in der Pflicht.

Bei Österreich­s Energie, der Interessen­vertretung der heimischen Strombranc­he, ist man einigermaß­en alarmiert. „Eine Kommunikat­ionsoffens­ive tut not, die Menschen mit ins Boot zu holen“, sagte ein Sprecher. „Die Ziele sind schon so herausford­ernd genug. Wenn aber die Bevölkerun­g nicht mitmacht, geht rein gar nichts.“

 ??  ?? Windräder (im Bild einige Anlagen bei Loosdorf in Niederöste­rreich) haben viele gesehen, von der #Mission203­0 nur wenige gehört.
Windräder (im Bild einige Anlagen bei Loosdorf in Niederöste­rreich) haben viele gesehen, von der #Mission203­0 nur wenige gehört.

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