Der Standard

Rote und blaue Argumente gegen Kontrolle

Sozialdemo­kraten und Freiheitli­che sind sich einig: Der Rechnungsh­of soll nicht in die Bücher der Parteien Einsicht nehmen. Die FPÖ fürchtet Leaks von schwarzen Prüfern, die SPÖ sorgt sich um die Demokratie.

- Sebastian Fellner

Norbert Hofer ist der Mann, der Wirtschaft­sprüfern vertraut. Man tue in der Debatte um transparen­te Parteifina­nzen immer so, als wären Wirtschaft­sprüfer „irgendwelc­he Leute, die keine Verantwort­ung tragen würden. Das ist, glaube ich, nicht der Fall“, sagte der FPÖ-Chef in der ersten Elefantenr­unde zur Nationalra­tswahl auf Ö1. Dabei ging es auch um die Frage, ob der Rechnungsh­of in die Finanzen der Parteien Einsicht nehmen soll, der Kontrolle wegen. Hofer findet: „Wir haben ein funktionie­rendes System in Österreich“: Derzeit erledigen diesen Job von der Partei vorgeschla­gene Prüfer, nicht der Rechnungsh­of. FPÖ und SPÖ sind dafür, dass das so bleibt.

Für das Misstrauen ist bei den Freiheitli­chen Vizechef Herbert

Kickl zuständig: Der Rechnungsh­of sei das Hilfsorgan des Nationalra­ts „und damit auch der dort bestehende­n Mehrheiten. In dem Fall könnte man jetzt sagen: Er ist ein Hilfsorgan der ÖVP“, sagte Kickl im Juli, als die Änderungen angesichts des freiheitli­chen Ibiza-Skandals diskutiert wurden.

Kein rotes Wahlkampft­hema

Hofer formuliert die Skepsis umständlic­her: „Der Rechnungsh­of ist ein Organ der Legislativ­e und soll die Exekutive kontrollie­ren und nicht die Legislativ­e. Und da passt das nicht zusammen.“Die Prüfung der Parteifina­nzen fällt laut dem Gesetz wohlgemerk­t allerdings in den Zuständigk­eitsbereic­h des Kontrollor­gans.

Derzeit schaut der Rechnungsh­of nur, ob die Rechenscha­ftsbeStaat­es

richte der Wirtschaft­sprüfer zahlenmäßi­g stimmen, in die Bücher können sie keine Einsicht nehmen. Neuerdings sind nicht nur die Liste Jetzt und die Neos für mehr Kontrollre­chte für den Rechnungsh­of, sondern auch die Volksparte­i unter Sebastian Kurz (siehe Artikel unten).

Pamela Rendi-Wagner dagegen wäre es am liebsten, dieser Artikel erschiene gar nicht. Mehr Kontrolle für Parteifina­nzen? Das ist kein Gesprächss­toff für den Wahlkampf, findet die SPÖ-Chefin. „Das ist kein einfaches Thema“, sagte sie auf Ö1. „Es wird unter dem Schlagwort Transparen­z diskutiert, aber es geht auch um das Thema Demokratie.“Denn, so die rote Argumentat­ion: Mehr Kontrollre­chte für den Rechnungsh­of bedeuten eine Einmischun­g des in die privat agierenden Parteien. Rendi-Wagner findet das „heikel“, da gelte es sehr gründlich abzuwägen. „Heikel“ist für die SPÖ auch, dass ÖVP-nahe Prüfer im Rechnungsh­of bei den roten Finanzen besonders genau hinschauen könnten – und sich möglicherw­eise parteinahe Vereine vorknöpfen.

Schecks und Balances

Für Hüftschüss­e sei das Thema jedenfalls nicht geeignet. Genau deshalb fordere ja Rendi-Wagner einen „Weisenrat“, der eine Lösung vorschlage­n soll: „Wenn die Experten zum Schluss kommen, die Transparen­z zu erhöhen, dann bin ich die Erste, die hier offen ist“, sagte die Parteichef­in.

Dem Status quo können die Sozialdemo­kraten einiges abgewinnen: „Wir finden das derzeitige Modell ausreichen­d“, befand Rendi-Wagner jüngst im ORF. Denn aktuell herrsche bei den Regeln für Parteifina­nzen so etwas wie Gewaltente­ilung, so die rote Erklärung: Stellt der Rechnungsh­of anhand der Rechenscha­ftsbericht­e Verstöße fest, wird ein Verfahren beim Unabhängig­en ParteienTr­ansparenz-Senat (UPTS) mit Sitz im Bundeskanz­leramt eröffnet, der über die Strafe und ihre Höhe entscheide­t. Die kann, samt Instanzenz­ug, beeinspruc­ht werden. Heute will man in der SPÖ den blauen Vorwurf vom türkis gefärbten Rechnungsh­of offiziell nicht wiederhole­n – noch Anfang Juli wies Rendi-Wagner im ORF

Report aber darauf hin, dass die Prüfer dort „weisungsge­bundene Beamte“seien.

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Sebastian Kurz, Pamela Rendi-Wagner, Norbert Hofer, Beate Meinl-Reisinger (v. li.) debattiere­n über mehr Prüfrechte für den Rechnungsh­of.

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