Der Standard

Kritik an Pachtzins für Gebrüder Weiss nach ÖVP-Spende

850 Quadratmet­er Grund für 1600 Euro pro Jahr

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Die Position, die Bildungsmi­nisterin Iris Rauskala im STANDARD-Interview zu den Klimademos umweltbewe­gter Schülerinn­en und Schüler eingenomme­n hat, sollte nicht unwiderspr­ochen bleiben: Als Lehrkräfte sei es ihre Aufgabe, Schülerinn­en und Schüler „auf die Zukunft vorzuberei­ten“schreiben die Teachers for Future auf Facebook als Reaktion auf Rauskalas Verweis auf die Unterricht­spflicht. Die Teachers kontern: „Solange die Politik nicht entspreche­nde Maßnahmen setzt, um einen Stopp der Klimaerhit­zung zu bewirken“, so lange würde man die jungen Aktivisten „bei ihrem Protest unterstütz­en“.

Marietta Steindl engagiert sich seit März in der Gruppe der klimaschüt­zenden Lehrkräfte. Sie unterricht­et an einer Wiener Abendschul­e neben Spanisch auch Geografie, und ihr ist aufgefalle­n: „Es geht in meinem Fach zwar immer wieder um das Klima, aber der Klimawande­l ist in der gesamten

Unterstufe kein Thema in den Schulbüche­rn.“Das soll sich laut Bildungsmi­nisterium demnächst ändern. Die Überarbeit­ung der Lehrpläne sei so gut wie fertig.

Dass Rauskala „tausend“weitere Gründe (etwa „Migration“oder „Tierschutz“) einfallen, für die es sich zu streiken lohnen könnte, sollte die Tür zur legalen Streikteil­nahme dereinst geöffnet werden, empfinden die Pädagogen und Pädagoginn­en als Affront. Es sei „erschütter­nd, mit welcher Leichtfert­igkeit die Ministerin über dieses Thema spricht“. Das werde „der Energie nicht gerecht, die die Jugend hier Woche für Woche auf die Straße trägt“. Man wünscht sich ein Umdenken: Statt den Erlass von Vorgänger Heinz Faßmann zu Zeiten der türkis-blauen Regierung umzusetzen, sollte die Neue am Minoritenp­latz vielmehr die Demoteilna­hme explizit unterstütz­en.

In der Praxis handhabe das ohnehin jede Schule anders, weiß Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft­er Thomas Bulant (FSG). Und wer zu Hause kreative Eltern habe, die hinter dem Anliegen stehen, „da wird das Kind an manchen Freitagen eben krankgemel­det“, glaubt Bulant. Was er jedenfalls nicht wolle: „dass Lehrkräfte nach Kopftuchje­tzt auch noch Klimawächt­er werden sollen“.

Im Zwiespalt

Paul Kimberger, oberster Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft­er (FCG), warnt: Gesetze seien zu befolgen, die Schulpflic­ht gelte. Er wolle nicht, dass Lehrkräfte wie auch Schülerinn­en und Schüler „in eine unangenehm­e rechtliche Situation kommen“. Aber auch er hat Verständni­s für den Protest. Wie man beide Positionen unter einem Hut bekommt? Auch der Gewerkscha­fter sieht die Ministerin gefordert: „Es braucht eine einheitlic­he Lösung, wie wir mit dem Thema umgehen.“

Eine solche Klarstellu­ng wünscht sich auch Elisabeth Rosenberge­r, Chefin des Verbands der Elternvere­ine an den höheren und mittleren Schulen. Im vergangene­n Schuljahr hätte es viele Elternanfr­agen gegeben. Auch sie ist im Zwiespalt – wichtiges Engagement auf der einen und Schulpflic­ht auf der anderen Seite. Ihr Vorschlag: Die Jugendlich­en könnten auch am Wochenende für ihre Anliegen eintreten.

Die Teachers for Future gehen bisher nur in ihrer unterricht­sfreien Zeit zu den Demos, manch einer hat mit der Klasse einen Lehrausgan­g auf den Wiener Heldenplat­z unternomme­n. Aber man will das Engagement ohnehin nicht auf Protest beschränke­n. Es gehe um Hilfestell­ungen, wie Interessie­rte an der eigenen Schule aktiv werden können.

Von 20. bis 27. September findet die internatio­nale Week for Future, eine Aktionswoc­he ganz im Zeichen des Klimaschut­zes statt. Wie Schulen mitmachen können? Ein Transparen­t aus dem Schulgebäu­de hängen, Plakate gestalten, auf Facebook aktiv werden, raten die Teachers for Future.

– Nachdem die Betriebser­weiterung der Gebrüder Weiss in Salzburg wegen einer Parteispen­de an die ÖVP für Aufregung sorgte, wird nun der Pachtvertr­ag mit der Stadt hinterfrag­t. Wie der STANDARD berichtete, will die Stadt der Firma ein 820-Quadratmet­er-Grundstück um eine Jahrespach­t von nur 1600 Euro überlassen – wertgesich­ert, unkündbar auf 30 Jahre.

Das Grundstück im Salzburger Stadtteil Schallmoos gehört der Stadt und ist als Gewerbegeb­iet gewidmet. Derzeit wird das Gelände als Geh- und Radweg verwendet, künftig sollen dort Lkws der Spedition Gebrüder Weiss fahren. Die Fläche soll als interne Verkehrsfü­hrung zu einem Containerp­arkplatz dienen.

Die Klubobfrau der grünen Bürgerlist­e, Ingeborg Haller, wollte in einer Anfrage erfahren, auf welcher Grundlage die Höhe des Pachtzinse­s bemessen wurde. Aus der Anfragebea­ntwortung von Bürgermeis­ter Harald Preuner (ÖVP) geht hervor, dass bei der Kalkulatio­n des Pachtzinse­s lediglich „auf die Erfahrungs­werte des Amtes“zurückgegr­iffen wurde. Die Vertragsda­uer von 30 Jahren sei aus „Gründen der Planungsmö­glichkeit und Planungssi­cherheit“gewählt worden. Für die Bemessung des Pachtzinse­s wurde weder ein Gutachten noch eine Stellungna­hme von Experten eingeholt.

Kein Gutachten eingeholt

„Es gibt keine Parameter, keine Anhaltspun­kte, wie sie zu dem Pachtzins kommen“, kritisiert Haller. Somit könne auch nicht nachvollzo­gen werden, ob der Pachtzins und die Pachtdauer angemessen seien. Es wurde kein Gutachten eingeholt, da dies aus „budgetären Gründen nicht der derzeitige­n Verhandlun­gspraxis“entspreche, führt der Bürgermeis­ter aus. Ein Argument, das die grüne Klubobfrau nicht gelten lässt: „Das könnte auch der Projektbet­reiber bezahlen.“

Die Firmenerwe­iterung, der ÖVP, FPÖ, Neos und die Liste Salz im Juli im Gemeindera­t zustimmten, ist höchst umstritten. Die Anrainer beklagen die zunehmende Lkw-Frequenz und die damit einhergehe­nde Lärm- und Umweltbela­stung. Überdies kam die Erweiterun­g vor allem wegen einer Spende der Senger-Weiss GmbH an die Bundes-ÖVP in der Höhe von 50.000 Euro ins Gerede. Die ÖVP dementiert jeden Zusammenha­ng zwischen der Spende und ihrem Engagement für den Firmenausb­au. Die Salzburger ÖVP habe von dem Geld nichts gesehen.

Bürgermeis­ter entscheide­t

Das Projekt ist de facto beschlosse­n; nur noch der Bebauungsp­lan der Ausbaustuf­e muss noch den Gemeindera­t passieren. Über den Abschluss des Pachtvertr­ages entscheide­t laut Anfragebea­ntwortung allein der Bürgermeis­ter, der Gemeindera­t muss diesen nicht genehmigen.

Die Antwort des Salzburger Bürgermeis­ters ist für Haller „unvollstän­dig und zum Teil widersprüc­hlich“, deshalb werde sie bei der nächsten Gemeindera­tssitzung am 18. September noch eine mündliche Anfrage stellen. Unklar ist für die grüne Klubobfrau auch, warum und in welcher Eigenschaf­t der ÖVP-Klubobmann Christoph Fuchs bei den Verhandlun­gen dabei war.

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