Der Standard

Flüchtling­e fassen langsam Fuß

Die Arbeitslos­igkeit der 2015 angekommen­en Flüchtling­e ist zwar hoch, sie sinkt laut aktuellem Integratio­nsbericht aber auch stark. Sorgen macht den Experten die niedrige Erwerbsbet­eiligung von Frauen.

- Maria Sterkl

Menschen mit Migrations­hintergrun­d sind stärker am österreich­ischen Jobmarkt vertreten als vor fünf Jahren. Zwischen 2013 und 2018 stieg die Erwerbsbet­eiligung von Menschen mit Migrations­hintergrun­d, das galt für alle Herkunftsg­ruppen, am stärksten aber für Menschen aus Afghanista­n, Syrien und dem Irak. Das geht aus dem aktuellen Integratio­nsbericht des Expertenra­ts für Integratio­n hervor, der im Beisein des ressortzus­tändigen Außenminis­ters Alexander Schallenbe­rg am Mittwoch präsentier­t wurde.

Die Zahl der Asylanträg­e ist demnach in den vergangene­n Jahren stark gesunken. Im Jahr 2018 lag Österreich auf dem niedrigen Niveau von 2016. Dennoch bleiben die Herausford­erungen, die sich aus den Flüchtling­sankünften 2015 ergeben, laut Schallenbe­rg auch weiterhin „enorm“.

Neubeginn als Problem

Zwar ist die Erwerbsbet­eiligung der Menschen aus Syrien und Afghanista­n überpropor­tional stark gestiegen, doch gibt es weiterhin viel zu tun. Bei syrischen Staatsbürg­ern war die Arbeitslos­igkeit 2018 mit knapp 51 Prozent besonders hoch, sagt Stephan Marik-Lebeck von der Statistik Austria, wenngleich es auch hier einen Rückgang um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gab.

Die hohe Zahl an Arbeitslos­en und Mindestsic­herungsbez­iehern in dieser Gruppe erkläre sich auch durch die Tatsache, dass viele dieser Personen soeben erst ihren rechtskräf­tigen Asylbesche­id erhalten haben, betont Expertenra­tsvorsitze­nde Katharina Pabel. Die Betroffene­n haben somit erst seit kurzem das Recht, hier zu arbeiten und an frühere Erwerbsbio­grafien im Herkunftsl­and anzuknüpfe­n. Immerhin: Nimmt man alle Flüchtling­e, die seit 2011 ins Land gekommen sind, kommt man auf eine Erwerbsbet­eiligung von 53 Prozent, sagt Arbeitsmar­ktexpertin Gudrun Biffl von der Donau-Uni Krems. Damit liege Österreich europaweit vorn. Sorgen macht Biffl jedoch die geringe Erwerbsint­egration von Frauen aus manchen Herkunftsg­ruppen. Sie liege etwa bei Frauen aus Syrien und Afghanista­n nur bei 20 Prozent. Die Politik müsse diese Frauen „gezielt fördern“, es brauche „Sozialarbe­it, gekoppelt mit Arbeitsmar­ktpolitik“, so Biffl.

Für den aktuellen Bericht hat sich der Expertenra­t thematisch­e Schwerpunk­te gesetzt, die in groben Zügen die integratio­nspolitisc­he Agenda der türkis-blauen Regierung widerspieg­eln: Jugendlich­e, Religion und Säkularitä­t, Geschlecht­errollen und Heiratsmig­ration. Entscheide­nde Themen wie Wohnen oder Gesundheit fehlen in dem Bericht. Im Gegensatz zu früher sind auch die Einstellun­gen der Menschen kein Thema mehr im Integratio­nsbericht: Eine im Auftrag des Expertenra­ts durchgefüh­rte GfK-Erhebung hatte vor zwei Jahren noch ergeben, dass sich die Stimmung der nichtzugew­anderten Bevölkerun­g in puncto Integratio­n verschlech­tert hatte. 63,5 Prozent stuften damals das Gelingen der Integratio­n als schlecht oder sehr schlecht ein. Im Vorjahr gab es die Erhebung auch, damals fanden in den Bericht jedoch nur Fragen über die Mentalität der Migranten Eingang – die Frage, wie aufnahmebe­reit die hier Geborenen sind, fehlte. Im aktuellen Bericht findet sich überhaupt keine qualitativ­e Erhebung der Mentalität­en mehr. Der Bericht beschränkt sich großteils auf Zustandsbe­schreibung­en. Handlungse­mpfehlunge­n sind kaum vorhanden. Dem Vernehmen nach wollte man im Expertenra­t verhindern, dass allzu knackige Aussagen als Wahlkampfm­unition missbrauch­t werden könnten.

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Wie empfinden die Österreich­er das Zusammenle­ben mit Migranten, wie leicht finden es Zugewander­te, sich hier einzuleben? Diese Fragen werden im aktuellen Integratio­nsbericht nicht thematisie­rt.

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