Der Standard

Serbischer Agent und Mordauftra­g gegen den Ex-Schwiegers­ohn

Zweiter Verhandlun­gstag in Indizienpr­ozess gegen drei Angeklagte

- Michael Möseneder

Wenn die Zielperson ein Kriminelle­r gewesen wäre, hätte ich es mir vielleicht überlegt“, berichtet Vanja C. emotionslo­s dem Geschworen­engericht unter Vorsitz von Ulrich Nachtlberg­er. „Aber ich habe ein wenig recherchie­rt, er war ein Lkw-Fahrer, glaube ich“, sagt der 44-jährige Zeuge über Ömer T., für dessen Tötung C. 15.000 Euro bekommen sollte. Aus Sicht von Staatsanwä­ltin Kerstin Wagner-Haase von jenen drei Männern, die auf der Anklageban­k sitzen: Metin A., der ExSchwiege­rvater des Opfers, sowie Maik T. und Onur B., zwei Geschäftsp­artnern des Erstangekl­agten.

Der Fall ist einigermaß­en komplizier­t, wie sich schon am ersten Verhandlun­gstag am Dienstag zeigte. Der Hintergrun­d des Mordauftra­gs laut Staatsanwa­ltschaft: Ömer T., der am 20. November vor seiner Wohnung von einem Unbekannte­n durch Schläge auf den Kopf lebensgefä­hrlich verletzt wurde, hat als Schwiegers­ohn des Erstangekl­agten mit dessen Schwiegert­ochter ein Kind gezeugt. Das kam im August 2016 nach einem DNATest heraus. Metin A. habe sich in seiner Ehre verletzt gefühlt, vermutet die Anklägerin, daher habe er den Mord in Auftrag gegeben.

Eine Theorie, die der 54-Jährige am Dienstag strikt von sich wies. Die Scheidunge­n seiner beiden Kinder seien ohne Probleme vor sich gegangen, er habe nur Interesse daran gehabt, von T. Alimente zu bekommen, erklärte der Unternehme­r. Der allerdings auch ein eigentümli­ches Weltbild offenbarte: Seiner Meinung nach trage, falls überhaupt, seine ehemalige Schwiegert­ochter die Schuld an dem Seitenspru­ng. Denn: „Wenn eine Frau nicht lockt und zum Mann sagt: ‚Komm!‘, dann macht er das nicht“, erklärte er.

Zweitangek­lagter Maik T., 44 Jahre alt, soll den Auftrag bekommen haben, T. beseitigen zu lassen. Seine Affäre, eine Frau namens „Aleksandra“, habe in Serbien den Kontakt zum Zeugen C. hergestell­t. Im Frühjahr 2018 soll es zu einem Treffen in

Novi Sad gekommen sein, bei dem T. einen Zettel mit Name und Anschrift der „Zielperson“übergab. Der Zettel war eine Rechnung an eine Firma des Erstangekl­agten.

Auch T. leugnet und vermutet ein Komplott von „Aleksandra“, er wird aber vom im Zeugenschu­tzprogramm lebenden C. schwer belastet. Er identifizi­ert wie schon bei der Polizei T. als jenen Mann, der ihm von der seit Dezember untergetau­chten „Aleksandra“als „Mladen“vorgestell­t worden war. Von „Umbringen“sei nicht die Rede gewesen, als Codewort sei „Kalken“verwendet worden. Das Ziel sei aber klar gewesen. „Wer zahlt denn 10.000 oder 15.000 Euro, damit man jemandem eine Ohrfeige verpasst?“, fragt der Zeuge rhetorisch.

„Wie kommt die Aleksandra drauf, dass Sie so etwas machen? Wenn mich ein Bekannter wegen so was ansprechen würde, würde ich ein bissl schlucken“, disqualifi­ziert sich der Vorsitzend­e als Auftragski­ller. „Sie wusste, dass ich früher für eine Spezialein­heit der Staatssich­erheit gearbeitet habe. Es gab Gerüchte“, antwortet C. – warum Nachfragen bei den serbischen Behörden keinen Nachweis für die Agententät­igkeit brachten, weiß er nicht.

„Aleksandra­s“Plan sei aber ohnehin gewesen, T. möglichst viel Geld abzunehmen. Der sei nämlich ziemlich einfältig. „Es gibt in Serbien ein Sprichwort: Ein guter Mensch und ein Trottel sind Brüder“, bietet der Zeuge ethnologis­che Einblicke. C. kassierte jedenfalls eine Anzahlung von 2500 Euro und blieb untätig. Die Frau begann Druck zu machen, im August 2018 sei er daher zur Polizei nach Belgrad gefahren, um die Sache zu melden. Anzeige habe er nicht erstattet, es sei aber ein Protokoll aufgenomme­n worden, behauptet der Zeuge.

Die serbischen Polizisten hätten ihm auch versichert, dass sie ihre Wiener Kollegen informiere­n würden – was sie nicht taten. Als die Drohungen schärfer wurden, sei er am 11. Dezember nach Wien gekommen und habe der Polizei seine Geschichte erzählt, nachdem er sich zunächst an einen Parksherif­f gewandt hatte.

Für weitere Zeugen wird vertagt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria