Der Standard

Die SPÖ im Eck der FPÖ

- Gerald John

Sebastian Kurz trat die Flucht nach vorn an. In der Wahldebatt­e auf Ö1 legte sich der durch die Wahlkampfk­ostenaffär­e in Erklärungs­notstand geratene ExKanzler auf etwas fest, wogegen sich seine ÖVP Anfang Juli noch quergelegt hatte: Der Rechnungsh­of soll künftig direkt die Parteifina­nzen prüfen dürfen. Ob die erfreulich­e Zusage hält, wird sich im Nationalra­t zeigen, taktisch ist die Ansage aber bereits ein Erfolg. Kurz schiebt den schwarzen Peter den letzten beiden Blockierer­n zu.

Der FPÖ wird das noch am ehesten egal sein. Ihre nach Ibiza verblieben­en Wähler gehen offenbar davon aus, dass sowieso alle Politiker tricksen, die werden auch jetzt nicht abfallen. Heikler ist die Causa für die SPÖ, die diesbezügl­ich anspruchsv­ollere Anhänger hat – aber keine guten Argumente gegen eine Prüfung durch den Rechnungsh­of.

Manche Sozialdemo­kraten hegen gegen das Prüforgan, dem eine VP-nahe Präsidenti­n vorsitzt, Misstrauen. Ziehen da stramme Antisozis los, um rote Organisati­onen gezielt zu sekkieren? In der Ära Josef Mosers, der sich mit manchen Aussagen zwar nicht parteipoli­tisch, aber ideologisc­h weit hinausgele­hnt hat, konnte man die Skepsis ein Stück weit nachvollzi­ehen. Aber seine Nachfolger­in Margit Kraker ließ in Wort und Tat bislang keinerlei Schlagseit­e erkennen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fühlt sich in dem Eck, in das sie geraten ist, nicht wohl, vom deutlichen Nein ist sie abgerückt: Wenn sich ein „Weisenrat“für die Prüfung durch den Rechnungsh­of ausspreche, werde sie sich anschließe­n. Diese Ehrenrunde ist überflüssi­g. Viele Experten haben längst gesprochen, die einhellige Empfehlung von der OSZE abwärts läuft auf den Rechnungsh­of hinaus.

Rendi-Wagner ist gut beraten, die Kurve rascher zu kratzen, sonst könnten die Wähler einen unguten Verdacht hegen: Eine Partei, die bei den eigenen Finanzen volle Transparen­z scheut, könnte es beim Regieren genauso halten.

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