Der Standard

Cyberkrimi­nalität wird österreich­weit zum Problem

Das Bundeskrim­inalamt warnt vor einem massiven Anstieg an Internetde­likten

- Gabriele Scherndl

Erst am Montag warnte das Bundeskrim­inalamt (BK) in einem kurzfristi­g anberaumte­n Hintergrun­dgespräch vor steigender Internetkr­iminalität. Erste Daten der Kriminalit­ätsstatist­ik von Jänner bis Juni 2019 zeigen: Sie steigt heuer schneller als gewohnt. Im ganzen Jahr 2018 wurden knapp 20.000 Delikte angezeigt, allein bis Juni 2019 waren es über 130.000. Weil Kriminalit­ät im Internet ein weiter Begriff ist, wird sie in drei Kategorien unterteilt: Cybercrime im engeren Sinne, Internetbe­trug und sonstige Internetkr­iminalität.

Hackingatt­acken im großen Stil – egal ob wie zuletzt bei der Bücherei Wien, bei Banken, Unternehme­n oder, wie im Fall Sebastian Kurz, bei Parteizent­ralen – fallen innerhalb der Statistik in die Kategorie Cybercrime im engeren Sinne. Sie werden, so formuliert­e es Franz Lang, BK-Chef und interimist­isch auch Generaldir­ektor

für öffentlich­e Sicherheit, von „kriminelle­n Diplominge­neuren“ausgeführt und können massiven Schaden anrichten.

Und: Sie werden häufiger. Das BK betont, dass die frisch veröffentl­ichten Daten reine Rohdaten seien. Doch hält sich der Trend, wird die Zahl der Delikte im Bereich Cyberkrimi­nalität im engeren Sinne um mehr als 60 Prozent höher sein als im Vorjahr. Im Vergleichs­zeitraum 2018 gab es 3070 Anzeigen, heuer waren es schon 2315. Damit ist die Anzahl jetzt schon höher als jede Ganzjahres­zahl bis 2015. Noch vor zehn Jahren wurden übrigens im ganzen Jahr nur 345 derartige Delikte angezeigt.

Was Cybercrime sein kann

Einerseits geht es bei Cybercrime im engeren Sinne um Datengewin­n – also darum, durch ein Datenleck personenbe­zogene Daten zu stehlen. So oder anders gewonnene Daten werden, so das BK, im Anschluss meistens im Darknet verkauft, damit ist es ein Leichtes, auf ein fremdes System zuzugreife­n. In den Jahren 2018 und 2019 gab es eine „große Anzahl“von Datenlecks, so das BK, „massenhaft“Daten seien so in Umlauf gekommen, die widerrecht­lichen Zugriffen durch eben diese Daten stiegen „massiv“an.

Anderersei­ts umfasst Cybercrime im engeren Sinn aber auch Angriffe auf einzelne Daten oder auf ganze Computersy­steme unter der Ausnutzung von Informatio­nsund Kommunikat­ionstechni­k. Wurde erst einmal widerrecht­lich auf ein System zugegriffe­n, können Daten mithilfe eines Schadcodes beschädigt oder verschlüss­elt und sogar ganze Systeme vom Internet abgeschnit­ten werden.

Sogenannte Ransomware – Schadsoftw­are, die unbemerkt auf den Rechner gelangt – würde derzeit verstärkt auftreten, warnte das BK. Im Normalfall gehe es bei solchen Delikten aber um Lösegeldfo­rderungen: Wer zahlt, ist wieder Herr seines Systems. Noch am Montag riet das BK, Ruhe zu bewahren und sich nach einem passenden Entschlüss­elungscode zu erkundigen, bevor gezahlt werde. Doch das Problem sei, dass ständig eine neue Generation von Malware, also virtuellen Bedrohunge­n, im Umlauf sei. Institutio­nen wie Interpol und Europol kämpfen damit, immer neu gegen sie arbeiten zu müssen. Kaum hat man eine Gegenwaffe, ist ein neuer Code im Umlauf.

Für den Anstieg an internetkr­iminellen Delikten generell ist jedoch vor allem der zunehmende Internetbe­trug verantwort­lich. Mit über 8000 Anzeigen im ersten Halbjahr 2019 gab es 2000 mehr als im Vergleichz­eitraum im Vorjahr. Dieser umfasst Delikte, für die zu begehen man kein ITler sein muss. Etwa, falsche Gewinnvers­prechen, umgeleitet­e Pakete oder das sogenannte Love-Scamming, bei dem erst die große Liebe vorgegauke­lt wird, nur um später finanziell­e Not vorzutäusc­hen und das Opfer auszunehme­n.

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