Unterhaltsame Duelle, aber keine Tiefenbohrungen
ORF-Konfrontationen als politisches Speeddating
Wien – Was blieb von der ersten Runde der ORF-Duelle am Mittwochabend? Das Wort „Logorrhö“zum Beispiel. Es war die Medizinerin in der Runde, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, die mit dem Fachbegriff in der letzten von insgesamt fünf Konfrontationen die Großwetterlage in der TV-Arena so auf den Punkt brachte: „Also die Männer haben heute die Logorrhö, offenbar.“Damit könnte sie ein Wort in die Alltagssprache eingespeist haben, das auch andernorts Verwendung finden dürfte. Bedeutet es doch so viel wie „Sprechdurchfall“oder etwas feiner: Redesucht. In anderen Worten: Rendi-Wagner fühlte sich nicht nur, aber an besagter Stelle auch von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl regelrecht zugetextet.
Zuvor waren auch Grünen-Chef Werner Kogler und Liste-JetztGründer Peter Pilz stellenweise recht wortreich dozierend unterwegs. Neos-Chefin Beate MeinlReisinger, die sich mit den beiden Parteichefs an diesem Abend in den rhetorischen Infight begeben musste, dürfte das unwidersprochen so stehen lassen. Auch ORFModeratorin Lou Lorenz-Dittlbacher hatte sich beim Thema Pflege, das Pilz recht weitläufig zu erklären ansetzte, zu dem Einwurf veranlasst gesehen: „Bitte keine Analyse, bitte eine Lösung.“
Bleibend waren auch die Auftritte der „Joker“, die anrücken mussten. Pro Partei ist einer erlaubt. Für die ÖVP gab Ex-Staatssekretärin Karoline Edtstadler, die zwar nicht für den Nationalrat kandidiert, weil sie schon im EUParlament sitzt, mit Verve die Rolle der scharfen Personenschützerin ihres Parteichefs, des Bundeskanzlers a. D., Sebastian Kurz, der sich nicht mit Pilz abgeben wollte. „Dreckschmeißen“war denn auch eine der ersten Assoziationen, die sie gegen Pilz platzierte.
Kickl, der Ex-Innenminister des kurzen, türkis-blauen Erstversuchs, der FPÖ-Obmann Norbert Hofer die Bürde einer Begegnung mit Rendi-Wagner abnehmen sollte, kaperte taktisch geschickt und mit freundlicher Geste eine rhetorische Leerstelle des Abends: Das Wort „Österreich“sei noch kein einziges Mal vorgekommen. Aber dazu war er ja da. Job erledigt.
Was noch bleibt: Speeddating mit Politikerinnen und Politikern, die sich in 20 Minuten auf ihre „Matchfähigkeit“abchecken sollen, ist durchaus unterhaltsam, richtige Tiefenbohrungen in den unterschiedlichen Politikfeldern sind aber nicht möglich. (nim)