Steirischer SP-Chef sagt seinem Koalitionspartner den Kampf an
Schickhofer wirft Schützenhöfer wegen der vorverlegten Landtagswahl Wortbruch vor – und will nun selbst Landeshauptmann werden
– Der Zeitpunkt hätte günstiger nicht sein können: Während sich in der Bundespolitik die türkise ÖVP für die Überschreitungen der Wahlkampfkostenobergrenzen andauernder Kritik ausgesetzt sieht, will sich die „schwarze“ÖVP in der Steiermark jetzt vorbildlich in Bescheidenheit üben. Sie stimmte am Donnerstag in einer außerordentlichen Landtagssitzung den, von der KPÖ, der SPÖ den Grünen und der FPÖ eingebrachten Antrag auf Begrenzung der Wahlkampfkosten auf eine Million Euro zu.
Ansonsten aber, und das war die Hauptbotschaft der Sitzung, wird die Steiermark dem Bund folgen und ebenfalls Wahlen vorziehen. ÖVP, FPÖ und Grüne stimmten für Neuwahlen im November. Die neue Beschränkung der Wahlkampfkosten soll dann bereits gelten.
Was in der Landtagssitzung abermals fehlte, war eine gewisse Erhellung, eine wirklich stringente Begründung, warum die Steiermark statt im Mai 2020 bereits im November 2019 wählen soll.
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der zur Überraschung seines Koalitionspartners SPÖ dem Antrag der FPÖ nach Neuwahlen gefolgt war, bemühte sich noch einmal, Argumente für eine Vorverlegung zu formulieren und Vorwürfen zu begegnen, er wolle nur wegen der sehr guten Umfragen für die ÖVP rasch wählen – ehe sich womöglich bis zum Mai 2020 der Wind dreht.
„Am Horizont drohen Gewitterwolken, die Konjunktur trübt sich ein, Handelskriege, Deutschland beginnt zu schwächeln: Wir dürfen keine Zeit verlieren. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen den Wahltermin um ein paar Monate verlegen, damit wir keinen Dauerwahlkampf haben. Das ist das Beste im Land“, sagte Schützenhöfer. Der ÖVP-Chef weiß natürlich, dass er nach der Wahl die SPÖ als möglichen Koalitionspartner im Spiel lassen muss. Daher streute er den Roten Rosen. So schön sei die Zusammenarbeit gewesen. „Unsere Reformpartnerschaft und die Zukunftspartnerschaft hat sehr gute Arbeit geleistet, wir haben vertrauensvoll zusammengearbeitet. Ich hätte gern, dass trotz Wahlkampfs die vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in der Zukunft weitergeht. Für mich ist die Koalition nicht beendet. Ich bin bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen.“
SPÖ will Generationswechsel
Der vor die Tür gesetzte Koalitionspartner, SPÖ-Vizelandeshauptmann Michael Schickhofer, zeigte Schützenhöfer, dem er Wortbruch vorwirft, aber beleidigt die kalte Schulter. Nach dem, was passiert sei, nach diesem Vertrauensbruch – SPÖ und ÖVP hatten den Wahltermin 2020 paktiert – will der SPÖ-Chef jetzt Schützenhöfer als Landeshauptmann ablösen. „Die Steiermark braucht einen Wechsel an der Spitze, einen Generationswechsel und frischen Wind. Ich trete an, die Nummer eins im Land zu werden. Es wird eine Wahl zwischen gestern und morgen“, spielte Schickhofer mit eigenem Pathos in der Stimme auf den Altersunterschied an. Schützenhöfer ist 67, Schickhofer 39 Jahre alt. „Lieber Hermann“, sagte Schickhofer, „ich bin um einige Jahre jünger als du, meine Eltern haben mir Werte mitgegeben. Den Wert der Verlässlichkeit, der Ehrlichkeit und Handschlagqualität. Ich sehe es als unsere Aufgabe in der Landesregierung, ein Vorbild für unsere Kinder und Jugendliche zu sein.“
Die Grünen sind über den Koalitionsbruch jedenfalls begeistert. Sie wollen die Gunst der Stunde nutzen und wie im Bundesparlament ein Spiel der freien Kräfte starten. „Jetzt finden sich plötzlich Mehrheiten im Landtag, die bisher an der beharrlichen Verweigerung der ÖVP gescheitert sind – das ist eine Chance“, sagte Grünen-Landtagspolitikerin Sandra Krautwaschl.
Die Ausgangslage: Bei der Landtagswahl im Mai 2015 kam die SPÖ nach Verlusten auf 29 Prozent, die ÖVP auf 28, die Freiheitlichen auf knapp 27 Prozent. Die Grünen rangierten bei 6,7 Prozent, die KPÖ erreichte 4,2 Prozent.