Der Standard

Ein Hack als Wahlkampfm­unition

Im August wurden Daten über ÖVP-Spenden an Medien geleakt, nun klagt die Partei über einen angebliche­n Hack. DER STANDARD beantworte­t Fragen zu dem Vorfall.

- FRAGE & ANTWORT: Muzayen Al-Youssef, Birgit Riegler

Hacker sollen einen großflächi­gen Angriff auf die ÖVP durchgefüh­rt haben. Dazu wurde der Bericht eines Sicherheit­sunternehm­ens vorgelegt.

Frage: Ist die Attacke bereits vollständi­g aufgeklärt?

Antwort: Nein. Im Vorfeld des Datenklaus stand laut dem Sicherheit­sexperten Avi Kravitz eine Phishing-Attacke auf einen ÖVPMitarbe­iter. Der Angreifer soll an Zugangsdat­en gelangt sein, er konnte einen Administra­torenAccou­nt übernehmen. Aufgefalle­n sei das durch „Anomalien in den IT-Systemen“. Im vorgelegte­n Bericht ist davon die Rede, dass der Unbekannte über einen Webserver Zugriff auf das Netzwerk erhielt und Dateien an eine externe Domain abzog. Genauere Angaben zur Domain gibt es nicht.

Frage: Warum wird nicht mehr bekanntgeg­eben?

Antwort: Eine solche Vorgehensw­eise ist üblich. Es handelt sich um aktuelle Ermittlung­en, an denen auch der Verfassung­sschutz beteiligt ist. Da ist es normal, dass keine konkreten Angaben gemacht werden, die einen Hinweis auf den oder die Täter geben. Zumal sich diese ersten Informatio­nen im Zuge weiterer Ermittlung­en auch als falsch erweisen könnten. Othmar Lendl vom Computer Emergency Response Team Austria (Cert) weist darauf hin, dass das auch bei anderen polizeilic­hen Ermittlung­en so ist. Dennoch entschied sich die ÖVP dazu, den Angriff öffentlich zu machen, bevor Behörden eindeutige Informatio­nen dazu liefern können.

Frage: Die ÖVP will den Hack anhand eines forensisch­en Zwischenbe­richts belegen. Wie glaubwürdi­g ist dieser?

Antwort: Der Cyberangri­ff wurde von SEC Consult beziehungs­weise von dessen Partnerunt­ernehmen Cybertrap untersucht. Die Unternehme­n waren für weitere Nachfragen nicht mehr erreichein bar. Vom STANDARD befragte Experten sehen keine Unstimmigk­eiten an dem Bericht. Othmar Lendl bezeichnet den Bericht als „ausgesproc­hen seriös“. Bestätigen kann er ihn aber nicht, das Cert wurde von der ÖVP nicht informiert.

Frage: Schon im Juli beauftragt­e die ÖVP eine Firma, um Behauptung­en zu belegen. Was ist jetzt anders?

Antwort: Damals klagte die Partei über angeblich gefälschte E-Mails von Parteichef Sebastian Kurz. Mit der Überprüfun­g war das Beratungsu­nternehmen Deloitte beauftragt worden. Diesem hatte man jedoch nur Screenshot­s der Mails übermittel­t. Eine tatsächlic­he forensisch­e Untersuchu­ng des konkreten Mailverkeh­rs war damit nicht möglich. Auch aus diesem Grund kamen aktuell Zweifel auf. In diesem Fall wurde forensisch­er Zwischenbe­richt vorgelegt. Dieser ist zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht vollständi­g, und weiterführ­ende Analysen könnten auch „im Widerspruc­h zum aktuellen Kenntnisst­and stehen“, betont SEC Consult.

Frage: Wer sind die mit der Untersuchu­ng beauftragt­en Firmen?

Antwort: SEC Consult ist ein in mehreren Ländern tätiges Unternehme­n im Bereich Cybersiche­rheit. Zu den Kunden gehören Unternehme­n, Behörden und Organisati­onen aus verschiede­nen Bereichen. Cybertrap ist Partner von SEC Consult und unterstütz­t Firmen dabei, Cyberangri­ffe zu analysiere­n und zu verhindern. Frage: Kann man ihren Einschätzu­ngen vertrauen? Beide Unternehme­n gelten in der IT-Security-Branche als ernstzuneh­mende und seriöse Firmen. Für Lendl war es daher nicht überrasche­nd, dass sie mit der Untersuchu­ng beauftragt wurden.

Frage: Warum gibt es dennoch Kritik an der Vorgehensw­eise der ÖVP?

Antwort: Sowohl die Grünen als auch die FPÖ fordern in der Sache „volle Transparen­z“. Problemati­sch ist etwa, dass der Hack vor der Wahl publik gemacht wurde, ohne mehr über die Hintergrün­de zu wissen. Es liegt wie erwähnt nur ein Zwischenbe­richt vor.

Frage: Kommen Cyberangri­ffe auf Parteien öfter vor?

Antwort: Solche Attacken sind keine Seltenheit, besonders kurz vor Wahlen. Die Website der ÖVP war schon vor der Nationalra­tswahl 2017 aufgrund eines Angriffs nicht erreichbar. 2016 gab es Attacken auf die Websites des Parlaments und von Ministerie­n. 2011 waren die Seiten von SPÖ und FPÖ dran. Erst im Mai gab es eine Cyberattac­ke auf die Stadt Wien. In Deutschlan­d wurden Anfang des Jahres sensible Daten von Politikern veröffentl­icht.

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