Der Standard

Interne Dateien der Volksparte­i sollen ihre maroden Finanzen belegen

Sebastian Kurz’ Partei ist laut „Falter“-Recherchen hochversch­uldet – und zahlt dennoch hohe Summen für Berater und Partys

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Wien – Obwohl sich die ÖVP auch angesichts der aktuellen Ausgabe des Falter weitere rechtliche Schritte offenhält, publiziert das Wochenblat­t neues Zahlenmate­rial aus dem türkisen Datenfundu­s, das ihm ein Informant hat zukommen lassen: Die Dokumente zeigen gemäß Falter auf, wie die schwer verschulde­te Partei seit der Obmannscha­ft von Sebastian Kurz jede Menge Geld in ihre Wahlkämpfe, Eigenmarke­ting und Berater pumpt – und wie die Controller der ÖVP schon im Vorjahr Alarm schlugen.

Eingangs stellt die Wiener Wochenzeit­ung klar, dass die Redaktion ihren Informante­n nicht kennt – wohl aber waren bei der Recherche Fragen an die Person möglich, die sich als „ganz normaler, unbescholt­ener Bürger mit Vollzeitjo­b“bezeichnet. Auch Details, wie der Anonymus an die Daten der Partei gelangte, die selbst von einem Hackerangr­iff spricht, werden nicht verraten.

Der Falter gibt jedenfalls an, im Besitz von Kontoauszü­gen, Rechenscha­ftsbericht­en, vertraulic­hem Schriftver­kehr, Gehaltslis­ten und Abrechnung­en der ÖVP zu sein – wodurch auch ein Flug von Kurz mit Privatjet nach Rom rekonstrui­ert werden konnte, auch wenn der Ex-Kanzler gern betont, Economy zu buchen. Auf dem Weg zurück nahm Kurz einen Billigflie­ger von German Wings – wovon er flugs ein Foto twitterte.

Obwohl ÖVP-intern als „streng vertraulic­h“ausgewiese­n, outet das Wochenmedi­um auch den Beraterver­trag des Kurz-Vertrauten Stefan Steiner: 33.000 Euro inklusive Mehrwertst­euer soll der Mann pro Monat erhalten – nicht umfasst sei dabei Wahlkampfb­eratung, das bedürfe angeblich „gesonderte­r Vereinbaru­ng“.

Gut beraten

Kurz-Pressespre­cher Gerald Fleischman­n wiederum wurde von der ÖVP im Wahljahr 2017 mit 65.400 Euro honoriert – zugleich war er im Außenminis­terium angestellt.

Auch das Feiern ließ sich die Volksparte­i einiges kosten: 160.000 Euro kostete etwa laut Falter das Sommerfest der Partei im Juni 2018. Feste in Lokalen des KurzIntimu­s Martin Ho schlugen mit rund 59.000 Euro zu Buche.

Dabei stehe die Partei finanziell alles andere als gut da – auch wegen der Neuwahl im Jahr 2017, die Kurz angestrebt hat und die ihn zum Kanzler machte. In einem der Dokumente warne der türkise Finanzrefe­rent, dass der Partei durch die Wahl „eine außergewöh­nliche finanziell­e Belastung“widerfahre­n sei. Zum Jahresende verbuche die ÖVP deshalb ein negatives Eigenkapit­al von 21,5 Millionen Euro, Verbindlic­hkeiten bei Banken machten 18,5 Millionen Euro aus. Darin enthalten sein muss auch jener 15-Millionen-Euro-Kredit, den die Partei vor der Überschrei­tung der Wahlkampfk­osten im Jahr 2017 aufgenomme­n hat. Der Referent mahnt laut Falter Sparsamkei­t ein. Lobend erwähne er dagegen das gestiegene Spendenauf­kommen. Das war aber noch vor den von Rot, Blau und Jetzt beschlosse­nen Obergrenze­n, die nur noch 7500 Euro pro Spender und 750.000 Euro pro Partei im Jahr vorsehen – was der ÖVP das Abstottern ihrer Schulden erschweren dürfte.

Um die Partei vor Finanzprob­lemen zu bewahren, erinnere die ÖVP ihre Landesorga­nisationen an vereinbart­e Zahlungen, wie die Leaks zeigen sollen. Zusätzlich bettle die Partei die Bünde um Geld an: Wirtschaft­sbund-Chef Harald Mahrer soll 2018 ein Darlehen über 150.000 Euro gewährt haben. Für den Wahlkampf 2019 überwies sein Bund 1,5 Millionen – was den Mitgliedsb­eiträgen bis 2023 entspreche und als Vorschuss zu werten sei. (nw, sefe)

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