Paris beerbt Londoner City
Frankreichs Hauptstadt wird einer Studie zufolge nach dem Brexit der führende EU-Finanzplatz. London steht in der EU für fast ein Drittel der Kapitalmarktaktivitäten.
Nach dem Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union, dem sogenannten Brexit, wird wahrscheinlich Frankreich die führende Position in der EU-Finanzbranche von Großbritannien übernehmen. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen des Forschungsinstituts New Financial, die am Dienstag vorgestellt wurden.
Demnach wird der Austritt der Briten dazu führen, dass die Kapitalmärkte der Europäischen Union kleiner und weniger entwickelt sind. Dies wiederum werde dazu führen, dass die Gemeinschaft stärker von der Kreditvergabe durch die – derzeit kriselnde – Bankenbranche abhängig werde.
Den Experten zufolge steht Großbritannien für nahezu ein Drittel der Kapitalmarktaktivitäten in der EU. Dies sei mehr als die Anteile Frankreichs und Deutschlands zusammen. International
sinke der Anteil der EU nach dem Brexit auf 14 von zuvor 21 Prozent und entspreche damit dem Chinas. Das Gewicht der USA auf den globalen Kapitalmärkten sei dreimal so groß, rechneten die Experten vor.
Die französische Regierung hat seit dem Amtsantritt von Präsident Emmanuel Macron im Mai 2017 vieles versucht, um vom Brexit zu profitieren und Paris als neuen Finanzplatz interessant zu machen. Bei der Europäischen Bankenaufsicht ist das gelungen. Vor dem Sommer ist die Finanzaufsicht, die alle zwei Jahre für die Stresstests der europäischen Banken zuständig ist, mit ihren rund 200 Mitarbeitern von London in die französische Hauptstadt übersiedelt.
Ende Oktober vergangenen Jahres sah die Financial Times Paris schon als Gewinnerin des Brexits. Große internationale Investmentbanken wie die amerikanische Morgan Stanley, JPMorgan oder auch Goldman Sachs hatten angekündigt, Stellen in die französische Hauptstadt zu verlegen.
Insgesamt könnten an die 1000 hochkarätige Jobs durch den Brexit in Paris entstehen, vor allem in der Finanzstadt La Défense vor den Toren der Metropole. Die Stadt bemüht sich um ihre neue Klientel: So werden etwa Französischkurse für die Neuankömmlinge und ihre Partner finanziell unterstützt. (Reuters, red)