Der Standard

Nach dreißig Jahren zurück in die Diplomatie

- Gudrun Harrer

Mit 73 Jahren an jene Arbeitsstä­tte zurückzuke­hren, die man 30 Jahre zuvor unfreiwill­ig verlassen hat: Genau das erlebt in diesen Tagen Asma Mohamed Abdallah, die erste Außenminis­terin des Sudan. In der Übergangsr­egierung nach dem Sturz von Langzeithe­rrscher Omar al-Bashir sitzen gleich vier Frauen, die drei anderen allerdings in Ministerie­n, die noch eher weiblich besetzt werden: Unterricht, Jugend, Soziales.

Weibliche Außenminis­ter sind in Ländern der Arabischen Liga hingegen die Ausnahme. Drei gab es bisher, alle, wie Asma Abdallah, in afrikanisc­hen Ländern: zwei in Mauretanie­n und eine in Somalia. Darüber sollten die Nahostler vielleicht einmal nachdenken.

Die Sudanesin war auch weibliche Avantgarde, als sie 1971 in den diplomatis­chen Dienst eintrat, damals als eine von nur drei Frauen. 1946 geboren – noch im Anglo-Ägyptische­n Sudan, unabhängig wurde das Land erst 1956 –, hatte sie an der Universitä­t Khartum und in den USA Wirtschaft und Politikwis­senschafte­n studiert. Es ging schnell beruflich aufwärts, diplomatis­che Stationen waren Stockholm, Rabat und die Uno.

1991, zwei Jahre nach der Machtergre­ifung durch Bashirs militärisc­hislamisti­sches

Regime, war es jedoch vorbei für die Diplomatin im besten Alter. Die Beamtensch­aft wurde von jenen Elementen gesäubert, deren Loyalität nicht sicher war.

Es folgten Jahre im Ausland, vor allem in Marokko, wo auch ihr Mann, mit dem sie eine Tochter hat, berufstäti­g war. Sie selbst arbeitete bei internatio­nalen Organisati­onen, unter anderem wird die Unicef genannt. Später kehrte die Familie nach Khartum zurück, Asma Abdallah eröffnete ein Übersetzun­gsbüro. Der Protestbew­egung, die zuerst gegen Bashir und ab April gegen die neue Militärjun­ta auf die Straße ging, stellte sie ihre Dienste im Außenpolit­ikteam zur Verfügung.

Wer Sudans Außenpolit­ik wirklich macht – und wie die komplizier­te Ehe von Militärs und Zivilisten in der Interimsve­rwaltung funktionie­ren wird –, bleibt zu sehen. Die erste Aufgabe der Ministerin wird sein, den Sudan von der US-Terrorlist­e herunterzu­bekommen. Die Chancen stehen gut, die US-Sanktionen wurden bereits unter Bashir gestrichen. Der Sudan braucht wirtschaft­liche und politische Hilfe: Ein weiteres Beispiel einer misslungen­en Transition würde nicht nur die Region, sondern auch Europa zu spüren bekommen.

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Foto: AFP Asma Mohamed Abdallah, erste Außenminis­terin in einem neuen Sudan.

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