Der Standard

Was Frauen im Alter verarmen lässt

Karenzzeit­en, Teilzeitar­beit, weniger Verdienst als Männer. Die finanziell­e Realität vieler Frauen wiegt im Alter besonders schwer. Die Initiative „Damensache“will gegen weibliche Altersarmu­t kämpfen.

- Regina Bruckner

Glückliche Kindheit, gute Bildung, Traumpartn­er, Eigenheim, Nachwuchs – und dann: Arbeit von Voll- auf Teilzeit reduziert. Typische Stationen aus dem Leben einer Frau. Statt die eigene Zukunft finanziell abzusicher­n, polstert sie fortan das Konto für Kind und Kegel auf und verschiebt das Vorsorgen für die eigene Zukunft – oft auf den Sankt-Nimmerlein­s-Tag.

Gar nicht gut, wie Marietta Babos findet. Die studierte Ökonomin hat den „Kampf gegen die Altersarmu­t von Frauen“zur „Damensache“gemacht. Damit die junge Generation nicht in diese Falle tappt, will sie mit der gleichnami­gen, unabhängig­en Plattform aufklären – etwa durch kostenlose Beratung und einschlägi­ge Veranstalt­ungen. In den Schulen käme das Thema zu kurz. Die Botschaft: Frau möge die Sache rechtzeiti­g in die Hand nehmen, wie Babos, die als Unidozenti­n werkt, bei einer Veranstalt­ung an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien (WU) erklärt – sekundiert von Förderpart­nern aus dem Finanzsekt­or, die ihre Einschätzu­ng teilen. „Karenz und Teilzeitar­beit führen dazu, dass Frauen ein Drittel weniger Pension bekommen als Männer. Bei zwei Kindern kann der Unterschie­d schnell 600 Euro monatlich ausmachen“, warnt Uniqa-Expertin Sandra Oehler. Was beide frappiert: Das Pensionssp­litting bleibt mit einigen Hundert, die es in Anspruch nehmen, ein Randthema.

Tatsächlic­h sind die Folgen der recht typischen Karriereve­rläufe bekannt. Dennoch werden sie nach Ansicht von Babos falsch eingeschät­zt. Kämen Schicksals­schläge wie der frühe Tod des Partners dazu, rutschen Frauen im schlimmste­n Fall in die Altersarmu­t – häufiger als Männer, sagt sie. Sie nennt die karge Pension

ihrer früh verwitwete­n Mutter als Motiv für ihr Engagement. Die Frage, ob es sich um einen Einzelfall handele, habe sie umgetriebe­n. Wie andere kam auch sie zum Schluss: Das Problem ist systemimma­nent. Verschiede­ne Zahlen bestätigen das. Wird eine Familie gegründet, steckt zuallerers­t der weibliche Partner zurück. Fast 1,1 Millionen Menschen waren 2018 in Österreich teilzeitbe­schäftigt – davon rund 885.000 Frauen. Salopp gesagt, geht es nach dem ersten Kind bergab. Auch wenn sich einstellun­gsmäßig vieles geändert hat: In der Praxis schlägt sich der gute Wille zu Halbe-halbe bei vielen Paaren kaum nieder. Die Antwort auf die Frage, warum das so ist, ist vielschich­tig. Ein Grund: Mit dem ersten Kind kommt es zu einer „Retraditio­nalisierun­g“, so nennen Forscher den Vorgang. Besonders viele Überstunde­n machen Männer, solange die Kinder sehr klein sind. Beim Erreichen der 40er treten viele kürzer. Männer verdienen eben mehr, der Einkommens­ausfall der Frau ist leichter zu kompensier­en.

Babos hat sich mit anderen Fragen beschäftig­t. Gemeinsam mit dem Institut für Entreprene­urship & Innovation an der WU hat sie in einer Studie abgefragt, wie Jungakadem­ikerinnen die Sache sehen. Das Ergebnis ist teilweise ernüchtern­d, so Studienlei­terin Babos und Christian Garaus von der Wirtschaft­suni: Nur ein Drittel der Befragten kennt die drei Säulen des heimischen Pensionssy­stems (staatliche, betrieblic­he, private Vorsorge). Dass die staatliche Durchschni­ttsnettope­nsion kein Luxusleben verspricht, ist aber bekannt. Auf 1080 Euro monatlich wurde sie geschätzt – 1028 Euro macht sie derzeit tatsächlic­h aus. Jene der Männer wurde unterschät­zt – auf 1520 Euro, tatsächlic­h seien es 1678. Mehr als drei Viertel wünschen sich den Ausbau der staatliche­n Vorsorge, trotzdem sehen fast 90 Prozent die Verantwort­ung für die finanziell­e Absicherun­g bei sich selbst. Rund die Hälfte geht davon aus, ihren Lebensstan­dard nicht halten zu können. Den finanziell­en Bedarf in der Pension schätzen die Befragten auf rund 1600 Euro.

34 Prozent hielten es übrigens für klug, noch vor Jobeintrit­t mit dem Sparen fürs Alter zu starten – am besten mit gut 200 Euro monatlich. Über die Hälfte hält den Berufsbegi­nn für den angemessen­en Zeitraum. Die Frage, inwieweit man sich das tatsächlic­h leisten kann, wurde aber nicht gestellt.

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 ??  ?? Stellt sich Nachwuchs ein, ändert sich so einiges. Ressourcen wie Zeit und Geld werden neu zugeteilt. Vorsorgen für die eigene Pension gerät vor allem bei Frauen oft ins Hintertref­fen.
Stellt sich Nachwuchs ein, ändert sich so einiges. Ressourcen wie Zeit und Geld werden neu zugeteilt. Vorsorgen für die eigene Pension gerät vor allem bei Frauen oft ins Hintertref­fen.

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