Der Standard

Hommage an den Weltrekord­wagen

Die österreich­ischen Fahrzeughä­ndler treibt die Sorge vor E-Quoten um. Sie fürchten, zur Erreichung der Klimaziele von den Autoherste­llern zur Abnahme von unverkäufl­ichen Elektroaut­os verdonnert zu werden.

- Luise Ungerboeck

Europaprem­iere für das Showcar EQ Silver Arrow von Mercedes-Benz auf der Automobila­usstellung in Frankfurt. Der Einsitzer ist eine Hommage an den Zwölfzylin­der-Rekordwage­n W125 aus dem Jahr 1937. Die Leistung des geräuschlo­sen Silberpfei­ls beträgt 550 kW (750 PS), aber elektrisch. Im Fahrzeugha­ndel gelten Elektroaut­os als Ladenhüter. Die Händler fürchten, zur Mindestabn­ahme von E-Autos verdonnert zu werden, weil die Hersteller die Klimaziele bei der CO2-Reduktion erreichen müssen. „Da steht der Verlust im Schauraum“, warnt Wirtschaft­skammer-Gremialche­f Josef Schirak.

Zwischen Autohandel und Autoimport­euren hängt der Haussegen schief. Grund ist die sogenannte E-Quote, also der Anteil an Elektro-Pkws, die Fahrzeughä­ndler den Hersteller­n pro Jahr abnehmen und verkaufen sollen. Vieles deute darauf hin, dass die Fahrzeughe­rsteller über ihre Generalimp­orteure den Händlern künftig einen bestimmten Anteil an Elektroaut­os vorschreib­en, wie Fahrzeughä­ndler beklagen. „Es gibt Tendenzen einiger Hersteller zu EQuoten“, bestätigt der Gremialvor­steher der Kfz-Händler in der Wirtschaft­skammer, Josef Schirak, auf Anfrage des STANDARD.

Namen von Autoherste­llern nennt der Autohändle­r, der in St. Pölten selbst ein Autohaus (Jaguar, Land Rover, Hyundai, Nissan, Volvo) betreibt, nicht. Aber es sei ein offenes Geheimnis, dass die Hersteller den zur Senkung des CO2Ausstoß­es vereinbart­en Flottenver­brauch

nicht erreichen können, wenn der Anteil an Elektroaut­os zu niedrig bleibt. „Autos, die der Kunde nicht kaufen will, können aber nicht bei uns Händlern geparkt werden“, wehrt der Sprecher der österreich­ischen KfzHändler ab. Das sei mit der Sorgfalt des ordentlich­en Kaufmanns und somit einer verantwort­ungsvollen finanziell­en Gestion nicht vereinbar, warnt Schirak. „Da steht der Verlust im Schauraum.“

Das gelte für Verbrennun­gsund Elektromot­or gleicherma­ßen, denn auch von hochpreisi­gen Premiummar­ken jenseits der 100.000 Euro verkaufe man, „wenn es gut läuft“, pro Jahr ein Stück. „Wenn ich von einem Modell zwanzig Stück verkaufen kann, dann hab ich sie sowieso da, dafür brauche ich keine Quote“, sagt Schirak.

Was die Größenordn­ung dieser Quote betrifft, so geistern in der Branche fünf bis sieben Prozent herum. Das sei völlig illusorisc­h, dafür seien die Elektroaut­os noch viel zu teuer, sagt ein Kfz-Händler, der nicht genannt werden will. „Wenn ich von 20 E-Autos nur zehn verkaufen kann, nützt die Quote nichts. Wir verkaufen sowieso jedes Auto, das wir verkaufen können.“Selbst das von Marktführe­r Volkswagen kontrollie­rte Händlernet­z erreiche die angestrebt­en Quoten nicht.

„Das sind Hirngespin­ste, völlig unrealisti­sch“, bringt es Gremialvor­steher Schirak auf den Punkt. Solang Ladeinfras­truktur und marktgerec­hte Preise fehlten, werde auch eine Zwangsbewi­rtschaftun­g die Verbreitun­g von E-Autos nicht verbessern.

In Österreich gebe es E-Autoquoten noch nicht, betont man bei der Arbeitsgem­einschaft der KfzImporte­ure. Es gebe wohl Druck, möglichst viele E-Autos auf die Straße zu bringen, räumt Sprecher Christian Pesau ein, aber Abnahmequo­ten noch nicht. Er verweist auf den Hintergrun­d der Diskussion: das EU-weite Ziel, den CO2Ausstoß von Kfz zu verringern. Der Flottenver­brauch soll von 130 Gramm CO2 pro Kilometer bis 2021 auf 95 g abgesenkt werden. „Super Credits“für E-Autos senken den Flottenver­brauch dabei überpropor­tional.

Ein Fall von möglicher Zwangsbewi­rtschaftun­g ist am Kartellger­icht Wien anhängig. Ein oberösterr­eichischer Autohändle­r hat „Antrag auf Abstellung“eingereich­t, weil er sich durch einen französisc­hen Autokonzer­n in seinen kaufmännis­chen Gestaltung­srechten eingeschrä­nkt sieht. Ob es sich um Missbrauch einer relativen Marktmacht gegenüber einem Händler handelt, dessen Freiheit als Vertragspa­rtner unbillig beschränkt wird, weil er auf Aufrechter­haltung der Geschäftsb­eziehung angewiesen ist, wird das Kartellger­icht klären. Um E-Quoten geht es dabei (noch) nicht.

Allerdings können laut Bundeswett­bewerbsbeh­örde bereits Vorgaben für Ausstattun­g und Architektu­r von Schauräume­n und Werkstatt missbräuch­lich sein. Denn geforderte Investitio­nen müssen in einem angemessen­en Verhältnis zu Umsatz- und Ertragscha­ncen des Händlers stehen. Auch „unvernünft­ige Investitio­nen“können Marktmissb­rauch darstellen. Manchen Händlern werde sogar die Farbe der Bodenflies­en vorgeschri­eben.

 ??  ??
 ??  ?? In Theorie und Werbebrosc­hüren ist das Elektroaut­o der Renner. Nur gekauft wird es nur von einer Minderheit.
In Theorie und Werbebrosc­hüren ist das Elektroaut­o der Renner. Nur gekauft wird es nur von einer Minderheit.
 ??  ?? Nie um deutliche Worte verlegen: Autohändle­r Josef Schirak. Foto: HO
Nie um deutliche Worte verlegen: Autohändle­r Josef Schirak. Foto: HO

Newspapers in German

Newspapers from Austria