Freispruch für Zirngast
Gericht in Ankara sieht keinen Beleg dafür, dass Österreicher „Mitglied einer terroristischen Vereinigung“sei
Der österreichische Publizist und Aktivist Max Zirngast wurde am Mittwoch von einem türkischen Gericht überraschend freigesprochen. Es gebe keinen Beleg für die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation.
Max Zirngast ist frei. Der österreichische Publizist und Aktivist ist am Mittwoch überraschend von einem türkischen Gericht freigesprochen worden. Das Gericht in Ankara stellt das Verfahren aus Mangel an Beweisen ein. Es gebe keine Belege dafür, dass Zirngast „Mitglied einer terroristischen Vereinigung“sei.
In einem über den Internetdienst Twitter veröffentlichten Video sagte Zirngast: „Die Staatsanwaltschaft hat überraschend heute (Mittwoch, Anm.) ein Schlussplädoyer gehalten und den Freispruch gefordert. Dazu kam es dann auch.“
Es gebe jetzt noch eine siebentägige Frist für einen Einspruch, aber es sei unwahrscheinlich, dass ein solcher erhoben wird. Höchstwahrscheinlich wird das Urteil also in einer Woche rechtskräftig sein. Zirngast sagte auch, er wolle diese Zeit nutzen, um persönliche Sachen in der Türkei zu klären, und dann nach Österreich zurückkehren.
Noch Dienstagabend hatte es Zirngast für unwahrscheinlich gehalten, dass es zu einem Freispruch kommt. Er gehe von einem kurzen Gerichtstermin aus, hatte er dem STANDARD gesagt. „Im besten Fall wird meine Ausreisesperre aufgehoben.“
Zirngast war am Tag genau vor einem Jahr in Ankara verhaftet worden. Eine Antiterroreinheit stürmte seine Wohnung und beschlagnahmte Bücher, viele davon über linke Bewegungen in der Türkei. Der damals 29-Jährige wurde daraufhin der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“beschuldigt und verbrachte die folgenden drei Monate in einem Gefängnis in Ankara.
Kurz nach Weihnachten wurde Zirngast dann auf freien Fuß gesetzt. Gegen ihn wurde aber eine Ausreisesperre verhängt. Einmal wöchentlich musste er sich seitdem auf einer Polizeiwache in Ankara melden und unterschreiben. Der letzte Verhandlungstag fand im April dieses Jahres statt.
Zirngast war 2015 in die Türkei gekommen, um Politikwissenschaft an der Universität des Mittleren Ostens in Ankara zu studieren. Er schrieb für türkische und ausländische linke Magazine, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin re:volt, und beteiligte sich immer wieder an Demonstrationen der prokurdischen Oppositionspartei HDP.
Sowohl Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg als auch der SPÖ-Europaabgeordnete Andreas Schieder haben den Freispruch begrüßt. Begeistert über das Urteil zeigt sich auch der Präsident des Österreichischen Journalisten-Clubs (ÖJC), Fred Turnheim: „Ich bedanke mich bei allen Menschen, die diesen Freispruch möglich gemacht haben.“
Dutzende noch in Haft
Noch immer sitzen in der Türkei zahlreiche Journalisten in Haft. Während ausländische Journalisten und Korrespondenten zumeist auf diplomatische Unterstützung sowie Druck durch Medien und Kampagnen hoffen können, fehlt dies türkischen Journalisten.
Laut der unabhängigen Journalistenorganisation P24 sind derzeit 138 türkische Journalisten in Haft oder warten auf ihren Prozess.