Brexit könnte Steuerwettbewerb beleben
Experten erwarten unmittelbar Nachteile für Unternehmen, aber auch Steuerzuckerln
– Als hätten die Unternehmer nicht schon genug Sorgen, wenn sie über die Folgen eines harten Brexit nachdenken, legen Ökonomen noch einmal nach. Ein ungeregelter Austritt dürfte für europäische Firmen steuerliche Nachteile bringen, zeigt eine Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW in Mannheim für das Fachmagazin Der Betrieb. Sobald London nicht mehr den gemeinsamen Regeln unterliegt, könnten „schärfere Abwehrgesetze gegen ausländische Unternehmen“kommen, heißt es darin.
Gleichzeitig könnte der Protektionismus nach Vorbild des USPräsidenten Donald Trumps ein Revival auf dem Inselstaat erleben. Dass nationale Branchen oder sogar einzelne Unternehmen bevorzugt werden, kann Brüssel nicht mehr verbieten.
Außerdem bestehe nach einem Brexit für britische Unternehmen ein „erhebliches Risiko“, dass Dividenden von Tochtergesellschaften der Quellensteuer unterliegen. Ähnliche Steuerpflichten würden je nach nationalem Regelwerk auch für Konzerne in der EU gelten, die im Vereinigten Königreich investieren wollen.
Was zumindest aus Unternehmensperspektive positiv wäre, ist der erwartete Steuerwettbewerb nach einem harten Brexit. Aus Sicht der Finanzminister ist das kein rosiger Ausblick. Zumal London nicht mehr an Mindeststandards bei der Bekämpfung von Steuervermeidung gebunden ist, könnte das Land mit Steuerzuckerln locken, erwartet man beim ZEW. Dabei hat das Vereinigte Königreich einen Vorsprung vor den meisten EU-Ländern.
In Österreich zahlen Unternehmen effektiv knapp 24 Prozent an Steuern auf Gewinne. Damit lag man 2017 laut der Industriestaatenorganisation OECD im oberen Mittelfeld. In Großbritannien gehen vom Gewinn nur 19 Prozent an den Fiskus. Pläne liegen bereits vor, den Steuersatz auf 17 Prozent zu senken, um den Standort zu stärken. Die von der geplatzten türkis-blauen Koalition geplante Senkung der Körperschaftssteuer von 25 in Richtung 20 Prozent könnte die Lücke verringern. Die geplante Umsetzung steht aber in den Sternen. (slp)