Hongkong flirtet mit London
Die Börse Hongkong will mit der mächtigen London Stock Exchange den größten Börsenbetreiber weltweit schmieden. Diese reagiert verschnupft auf das Milliardenangebot.
Die Börse in Hongkong streckt ihre Fühler nach der Londoner Rivalin London Stock Exchange (LSE) aus – und könnte damit deren eigene Übernahmepläne durchkreuzen. Die Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) machte der LSE am Mittwoch überraschend ein Übernahmeangebot im Gesamtvolumen von 31,6 Milliarden Pfund (35,4 Milliarden Euro).
Ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen würde einen weltweiten Marktführer unter den Börsenbetreibern schaffen, so der Konzern aus Hongkong. Bei Anlegern sorgte das für Freude: Die LSE-Aktie schoss um bis zu 16,4 Prozent in die Höhe.
Bedingung für eine Transaktion sei allerdings, dass die Anfang August angekündigte Übernahme des Datendienstleisters Refinitiv durch die LSE nicht zustande komme, erklärte HKEX. Der Deal zwischen
den Refinitiv-Eignern Blackstone und Thomson Reuters sowie der LSE wird derzeit von Kartellbehörden und Finanzaufsehern in den USA, der EU und anderen Ländern geprüft. Der Hongkonger Börsenbetreiber teilte mit, ebenfalls schon Gespräche mit den Aufsehern im Heimatmarkt und in Großbritannien zu führen. Die Ankündigung vom Mittwoch sei noch kein finales, verbindliches Kaufoffert. Die LSE reagierte verhalten und will die geplante Übernahme von Refinitiv weiter vorantreiben. Das Angebot der HKEX komme unabgestimmt und stehe unter vielen Vorbehalten. Das LSE-Management werde es dennoch prüfen.
Der HKEX gehört bereits die Londoner Metallbörse. Die LSE ist hingegen am Ausbau ihres Geschäfts in Asien interessiert und verkündete jüngst eine Partnerschaft in Schanghai. Refinitiv ist die ehemalige Finanzmarktsparte von Thomson Reuters, Mutter der Nachrichtenagentur Reuters. Sie wurde 2018 mehrheitlich von Blackstone übernommen.
Kommt der Refinitiv-Deal mit der LSE nicht zustande, könnte es für die Deutsche Börse wieder spannend werden: Die LSE hatte mit dem Refinitiv-Übernahmeangebot die Pläne der Deutschen durchkreuzt, sich die Devisenhandelsplattform FXall einzuverleiben, um ihre eigene Plattform 360T zu stärken. (Reuters)