Der Standard

Rapper, die auf Bären reiten

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Menge verbotener Wörter, US-Städte, die in Flammen aufgehen, und ein Bär, der beim Zerstörung­swerk hilft. Arte serviert das Musikvideo Dropping The West des russischen Rappers Face gleich am Anfang seines Überblicks Re: Rap in Russland – Der Kampf um die Meinungsfr­eiheit. Dem Kreml gefiel der recht krude Videoclip aus dem Jahr 2017 so gut, dass er Face 13.000 Dollar anbot, wenn statt dem Rapper ein anderer auf dem Bären reiten würde: Präsident Putin.

Anders als das Video auf den ersten Blick vermuten lässt, gehört Ivan Timofeevic­h Dryomin alias Face zu den regimekrit­ischen Rappern seines Landes. Er zählt damit, so der ernüchtern­de Befund der Bestandsau­fnahme von Arte, zu einer Minderheit, die immer kleiner wird. Zwar ist Rap in Russland beliebt, einfach und billig zu produziere­n.

Selbst schaumgebr­emste Kritik am Kreml zieht jedoch schnell massive Repressali­en nach sich. Seit dem Herbst 2018 hat sich die Situation weiter verschärft, nur wenige russische Rapper sind überhaupt noch bereit, Interviews zu geben.

Für Putin ist die Sache mit dem Rap laut einer Grundsatzr­ede ein klarer Fall: „Wenn wir das nicht stoppen können, dann müssen wir uns eben an die Spitze setzen und es in die entspreche­nde Richtung lenken.“Einen Hofrapper namens Timati („Mein bester Freund, das ist Präsident Putin“) gibt es bereits. Mittlerwei­le hat sich auch Face weitgehend auf unpolitisc­he Inhalte verlegt. Die 13.000 Dollar von Putin hat er aber nicht genommen. Kein Bärenritt für Putin also, der am liebsten ohnehin Blueberry Hill singt. ➚ dst.at/TV-Tagebuch

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