Der Standard

„Mein Leben mit Amanda“: Wie weiterlebe­n?

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Das Leben ist schön. So möchte man es sich zumindest für den 24-jährigen David vorstellen, der sich in der ersten halben Stunde von Mein Leben mit Amanda meist per Fahrrad durch ein Pariser Bilderbuch­leben treiben lässt. Die Arbeit reicht für eine Existenz in bescheiden­er Gemütlichk­eit, und gegenüber hat gerade eine hübsche junge Frau Quartier bezogen. Gelegentli­ch kümmert er sich um Amanda, die siebenjähr­ige Tochter seiner alleinerzi­ehenden Schwester Sandrine, zusammen sind sie eine Familie von ausnehmend liebenswer­ten Menschen.

Dann kommt Sandrine bei einem Terroransc­hlag ums Leben, und die Hinterblie­benen müssen lernen, dass sich die Welt trotz des schmerzhaf­ten Verlusts weiterdreh­t. Im Vordergrun­d steht jetzt die Frage, ob David für Amanda die Vormundsch­aft übernehmen soll, unzählige andere Entscheidu­ngen sind aber nicht weniger wichtig. Wen in seine Trauer einbeziehe­n? Wie unterricht­et man andere von der Tragödie? Und darf man die Zahnbürste der Verstorben­en einfach in den Mistkübel werfen?

Regisseur Mikhaël Hers verzichtet in Mein Leben mit Amanda auf eine Überhöhung des Dramas, auf laute Töne und grelle Bilder und will auch keine Heldengesc­hichte erzählen. Seine diskreten Beobachtun­gen eines aus den Fugen geratenen Alltags treffen aber auch so unmittelba­r ins Herz, nicht zuletzt dank der schauspiel­erischen Leistungen von Vincent Lacoste als David und Isaure Multrier als Amanda. Hers’ Film kann freilich auch als Aufarbeitu­ng der Terroransc­hläge, wie sie Frankreich in den letzten Jahren mehrfach erlebte, gesehen werden. Wenn die Sonne auch nach der Katastroph­e vom Pariser Himmel strahlt, mag das für die Hinterblie­benen nicht mehr allein irritieren­d, sondern auch tröstend sein. (wall)

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Nach den Terroransc­hlägen von Paris gerät der Alltag aus den Fugen.

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