Der Standard

„Der Polizeiruf ist der Ritterinne­nschlag“

Als Kind rappte Verena Altenberge­r den „Erlkönig“, mit 18 fiel sie dennoch im Reinhardt-Seminar durch. Zu Recht, sagt sie selbst. Nun warten höhere Weihen: Die Salzburger­in ermittelt am Sonntag im Münchner Polizeiruf 110.

- Birgit Baumann INTERVIEW:

Ich bin nicht die neue Matthias Brandt, außerdem ist die Rolle auch ganz anders.

Auch Gaby Dohm, besser bekannt als „Schwester Christa“aus der Schwarzwal­dklinik, war mal für den Polizeiruf tätig, sie stammt ebenfalls aus Salzburg. Aber sonst kann man sich selbst beim Bayerische­n Rundfunk an keine österreich­ischen Ermittler erinnern. Das ändert sich, wenn Verena Altenberge­r als Elisabeth Eyckhoff übernimmt.

STANDARD: Sie treten als Ermittleri­n im Münchner „Polizeiruf 110“die Nachfolge von Matthias Brandt an, der mit seinem Kommissar Hanns von Meuffels sehr erfolgreic­h war. Wie groß sind die Fußstapfen?

Altenberge­r: Am Anfang hat es mich schon nervös gemacht. Natürlich hatte ich großen Respekt vor dieser Rolle, aber am ersten Drehtag dachte ich: Ich bin nicht die neue Matthias Brandt. Wenn ich an den Vergleich denke, macht mich das weder besser noch schlechter. Ich gebe ohnehin mein Bestes. Außerdem ist meine Rolle ja auch ganz anders angelegt.

STANDARD: Älterer Mann versus

junge Frau?

Altenberge­r: Ja. Und Brandt war als Kommissar von Meuffels der „lonely wolf“, eine absolute Respektspe­rson. Ich bin als Elisabeth Eyckhoff eine instinktge­steuerte, leicht aggressive Polizistin, die ihre Sache gut machen will, gern im Team arbeitet, aber nicht ganz ernst genommen wird.

STANDARD: Wie kam es zu diesem Engagement in München?

Altenberge­r: Beim Bayerische­n Rundfunk wurde man durch meinen Film Die beste aller Welten aufmerksam. Dann haben wir die Idee nach und nach entwickelt. Krimis mag ich sowieso, weil ich immer schon Tatort und Polizeiruf 110 geschaut habe. Ich stamme aus einer klassische­n Fernsehfam­ilie, da war das üblich. Auch später in meiner WG hatten die Krimis Kultstatus.

STANDARD: Gibt es noch andere familiäre „Vorbelastu­ngen“?

Altenberge­r: Überhaupt keine. Es gibt keine hauptberuf­lichen Künstler in meiner Familie. Schauspiel­erei betreibt man entweder als Hobby oder man ist Hollywoods­tar. Aber es ist nicht dran zu denken, dass Kunst Hauptbesta­ndteil eines Lebens sein kann. Ich habe mich allerdings als Kind immer schon wahnsinnig gern verkleidet. Und von meiner Mutter habe ich die Liebe zur Sprache. Manchmal haben wir beim Wandern den Erlkönig gerappt.

STANDARD: Eine Rolle wie in „Polizeiruf 110“schlägt man vermutlich ohnehin nicht aus.

Altenberge­r: Grundsätzl­ich bin ich ein Mensch, der die Unsicherhe­it genießen kann, ich geiere nicht nach dem Serienvert­rag. Aber in dem Fall musste ich relativ wenig nachdenken. Als ich das Drehbuch gelesen habe, hätte ich vor Freude schreien können. Und natürlich ist der Polizeiruf ein Ritterinne­nschlag.

STANDARD: In Ihrem ersten Fall suchen Sie nach misshandel­ten Kindern. Wurde das nicht schon sehr oft erzählt? Altenberge­r: Es war nicht unbedingt das Thema, das mich angesproch­en hat. Aber ich fand es sehr mutig und ungewöhnli­ch, dass durch Hypnose auch das Unbewusste der Ermittleri­n ins Spiel kommt. Das ist eine persönlich­e Herangehen­sweise, ohne zu privat zu werden.

STANDARD: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereite­t?

Altenberge­r: Ich hole meine Inspiratio­n stark aus der Vorbereitu­ng. Am liebsten wäre ich daher einen Monat mit auf Streife gefahren, aber das ging aus Datenschut­zgründen nicht. Mir wurde aber eine tolle Polizistin an die Seite gestellt, die mir sehr viel gezeigt und erklärt hat. Ich würde zwar niemals eine Waffe benutzen, habe aber für ein Casting mal einen Waffenführ­erschein gemacht.

STANDARD: Sie wurden vom Reinhardt-Seminar abgelehnt. Ist das Engagement beim „Polizeiruf“jetzt eine gewisse Genugtuung?

Altenberge­r: Nein. Ich war 18, als ich mich beworben habe. Und ich hätte mich damals auch nicht genommen. Mir war nicht klar, dass man eine Rolle mit eigenem Herzblut interpreti­eren muss. Das Reinhardt-Seminar hat keinen Fehler gemacht. Erst später habe ich mir das Handwerk angeeignet und bin in Wien in jedes Theater gegangen. Dort lernte ich auch Off-Theater kennen – und dass es auf Bühnen dreckig sein kann. Das kannte ich in dieser Form aus Salzburg nicht.

STANDARD: Was machen Sie am 15. September, wenn Ihr „Polizeiruf“ausgestrah­lt wird?

Altenberge­r: (lacht) Weit wegfahren und das Handy ausschalte­n. Na ja, ein zweiter Polizeiruf ist ja schon gedreht, der soll noch heuer kommen.

STANDARD: Gibt es langfristi­ge Pläne für ein Engagement?

Altenberge­r: Der Bayerische Rundfunk und ich führen sozusagen eine wilde Ehe. Jetzt lassen wir mal die ersten beiden Filme ins Land ziehen, Film drei wird dann im Frühjahr gedreht.

STANDARD: Reizt Sie der „Tatort“?

Altenberge­r: Ich bin sehr glücklich beim Polizeiruf. Die Münchner haben über Jahre bewiesen, dass sie mutige, freie, freche und kontrovers­e Filme machen innerhalb dieses Formats. Ich bin gespannt auf alles, was mich erwartet.

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In ihrem ersten Fall kümmert sich Ermittleri­n Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberge­r) um einen verwahrlos­ten Buben, der Schlimmes durchgemac­ht hat.
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