Der Standard

Die böse Vorahnung vom Renoir-Diebstahl

Ein 60-Jähriger soll im Dorotheum zugeschlag­en haben, er beschuldig­t seine Begleiter

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Wien – In Heist-Filmen wie Ocean’s Eleven sind Diebe meist gutaussehe­nde Menschen, die mit treffsiche­ren Sprüchen glänzen. Vadym G., der sich vor dem Schöffense­nat unter Vorsitz von Mario Bandarra wegen der Beteiligun­g am Diebstahl eines Renoir-Bildes aus dem Wiener Dorotheum verantwort­en muss, ist dagegen eher kein George-Clooney-Typ. Weder optisch noch rhetorisch.

Der 60-jährige Ukrainer bestreitet vehement und ausschweif­end, etwas mit dem Diebstahl zu tun zu haben. Wie manch heimische Politiker versucht er zu belegen, dass er ein Opfer sei. In einer zwölfseiti­gen Stellungna­hme zur Anklagesch­rift schrieb er von der „krankhafte­n Lüge eines Anklägers“, was taktisch insofern unklug ist, als Vorsitzend­er Bandarra bis vor kurzem noch selbst Staatsanwa­lt gewesen ist. G. beschuldig­t aber auch die Polizei, falsch protokolli­ert zu haben, und die ukrainisch­en Behörden, dass sie seinen angebliche­n Freispruch von einem Kunstdiebs­tahl in einem Museum in Odessa nicht ausfertige­n würden.

Am 23. November sei er jedenfalls aus zwei Gründen nach Wien gekommen, berichtet der Angeklagte. „Es gab eine Auktion, die mich interessie­rt hat. Und am 25. habe ich mich mit einer Frau getroffen.“Bei der Polizei hatte er noch angegeben, dass dem weiblichen Geschlecht sein alleiniges Interesse GERICHT gegolten habe – er habe auswandern wollen und gehofft, eine künftige Gattin kennenzule­rnen.

Dass er gemeinsam mit zwei Landsleute­n in einer Unterkunft logierte, habe einen einfachen Grund: Der zweite Mann wollte ebenso eine Frau treffen, und der dritte beschäftig­e sich hobbymäßig mit der Vermittlun­g von Frauen,

Am Tattag, dem 26. November, sei er mit den Bekannten zunächst Schuhe kaufen gewesen. Beim Spaziergan­g durch die Innenstadt hätten die beiden beschlosse­n, ins Dorotheum zu gehen. „Ich hatte eine Vorahnung, dass etwas Schlimmes passieren wird.“Die Ahnung sollte sich bestätigen: Einer der Täter hob im zweiten Stock des Auktionsha­uses den Rahmen der 27 mal 40 Zentimeter großen Bretonisch­en Küstenland­schaft an, das Werk rutschte heraus und wurde in der Einkaufsta­sche abtranspor­tiert.

G. sagt, er habe nicht gewusst, was los sei. Anzeigen wollte er die Landsleute aber nicht – „die Polizei zu rufen widerspric­ht meinen moralische­n Prinzipien“. Dass die Telefonaus­wertung zeigt, dass er bis zu seiner Festnahme in Amsterdam mit dem Duo in Kontakt blieb, hat laut G. auch nichts zu bedeuten. Ebenso wenig, dass er auf Überwachun­gsvideos von den Schauplätz­en zweier Kunstdiebs­tähle in Frankreich eine Person erkennt, „die mir ähnlich sieht“.

Wegen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminelle­n Vereinigun­g wird der Antiquität­enhändler nicht rechtskräf­tig zu zwei Jahren Haft, acht Monate davon unbedingt, verurteilt. Das Gemälde bleibt verschwund­en.

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