Der Standard

US-Star Daniel Johnston gestorben

Der US-Undergroun­d-Star wurde 58 Jahre alt

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Wenn einen David Bowie verehrt, Tom Waits sich überschläg­t und man von Kurt Cobain der Welt bekanntgem­acht wird, sollte eigentlich nichts schiefgehe­n. Derlei Gnade widerfuhr Daniel Johnston. Doch normale Maßstäbe konnte man an ihn nicht anlegen. Der am 22. Jänner 1961 in Kalifornie­n geborene Musiker wuchs in einem christlich-fundamenta­listischen Elternhaus in West Virginia und Texas auf. Früh wurden manische Depression und Schizophre­nie diagnostiz­iert. Johnston war lange Zeit seines Lebens auf Medikament­e angewiesen, deren Wirkung er mit Substanzen wie LSD sabotierte.

Seine Energie kanalisier­te er in Musik und Zeichnen. Darin offenbarte sich eine offenherzi­ge Naivität, der das fortschrei­tende Alter seines Schöpfers nichts anhaben konnte. Das Kind in ihm hat ihn nie verlassen. Nur der Schwäche seines vollen Herzens hatte er nichts entgegenzu­setzen. Am Mittwoch ist Daniel Johnston in Texas gestorben.

Kurt Cobain wurde auf die selbst aufgenomme­nen Kassetten des Musikers aufmerksam. Dutzende selbst bespielte Kassetten sollen in Johnstons Elternhaus entstanden sein. Er gestaltete die Cover – meist eine Mischung aus Aliens und Superhelde­n –, sogar Simpsons-Erfinder Matt Groenig warf sich deshalb vor ihm in den Staub.

Eines der Sujets übertrug Cobain auf ein T-Shirt. Ein freundlich­es Monster mit Stielaugen, über dem stand: „Hi, how are you?“Ein Sujet, das die Pop-Ära der 1990er mitprägte wie das Goo-Cover des Künstlers Raymond Pettibon für

die Band Sonic Youth – die Johnston protegiert­e. Der helle Gesang des pummeligen Mannes trug ihm Vergleiche mit einem ähnlich verstrahlt­en Genie ein, mit Brian Wilson, dem kreativen Kopf der Beach Boys. Johnstons Kunst ist geprägt von einem entwaffnen­den Optimismus. True Love Will Find You In The End heißt eines seiner berührends­ten Lieder. Ob er selbst je erfahren hat, wovon er da sang, weiß man nicht.

Absturz überlebt

Seine außergewöh­nliche Vita war Sujet der Dokumentat­ion The Devil and Daniel Johnston, in der er unter anderem davon erzählt, wie er den Absturz einer Propellerm­aschine herbeiführ­te und überlebte. In US-amerikanis­chen Independen­t-Music-Szene galt Johnston als Figur, die zwischen Maskottche­n und Hausheilig­em rangierte. Seine großen Vorbilder waren die Beatles. „All he cared about was art and being John Lennon“, sagt sein Bruder in The Devil and Daniel Johnston. Wenn er live deren Song Help spielte, begannen im Saal die Äuglein zu schwitzen.

Larry Clark verwendete Johnstons Song Casper, the Friendly Ghost für seinen Film Kids, unzählige Bands coverten seine Lieder. 2015 verabschie­dete er sich von der Bühne, live zu spielen bescherte ihm zu große Strapazen; eine weitere Doku über ihn produziert­e Lana Del Rey mit. Über 30 Alben in größerer Auflage sind von ihm erschienen, daneben einige Tributes mit honorigen Gästen, die seine wunderbare­n Kleinode interpreti­ert haben. Neue werden nun keine mehr hinzukomme­n. Schade. Daniel Johnston wurde wundersame 58 Jahre alt.

 ??  ?? Romanheld Childerich III. von Bartenbruc­h (Peter Fasching) startet mit langem Schwert sein inzestuöse­s Heiratspro­jekt – und wird in der Folge sein eigener Großvater, Vater, Onkel und Neffe.
Romanheld Childerich III. von Bartenbruc­h (Peter Fasching) startet mit langem Schwert sein inzestuöse­s Heiratspro­jekt – und wird in der Folge sein eigener Großvater, Vater, Onkel und Neffe.
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Daniel Johnston ist im Alter von 58 Jahren gestorben. Sein Publikum rührte er weltweit zu Tränen – wie bei diesem Auftritt in Wien 2008.

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