Der Standard

Falsche Berechnung­en in Hartinger-Kleins Studie

Gutachten der Arbeiterka­mmer stellt Fusionskal­kulationen für Krankenkas­sen infrage

- Marie-Theres Egyed

In der kommenden Herbstsess­ion des Verfassung­sgerichtsh­ofs wird die Zusammenle­gung der Sozialvers­icherungst­räger eine wichtige Rolle spielen. 13 Gesetzespr­üfungsantr­äge liegen vor, auch eine mündliche Verhandlun­g ist geplant. Kern der Zusammenle­gung ist die Reduktion der neun Gebietskra­nkenkassen auf eine Österreich­ische Gesundheit­skasse (ÖGK).

Auch die Arbeiterka­mmer (AK) hat gegen das türkis-blaue Prestigepr­ojekt Beschwerde eingelegt. Außerdem hat sie ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass die Berechnung­en der ehemalige Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) widerlegt. Die frühere Ressortche­fin wollte ihrerseits die angestrebt­en Einsparung­en in Millionenh­öhe mit einer Studie von Werner Hoffmann untermauer­n.

Doch wie jetzt Otto Krickl, Gutachter der Arbeiterka­mmer und in Graz am Institut für Organisati­on

und Institutio­nenökonomi­k tätig, feststellt, beruht die Vorgängers­tudie auf falschen Annahmen. Sie sei methodisch und inhaltlich unsauber gearbeitet.

Falsche Annahmen

Die Arbeiterka­mmer wollte die Angaben des Sozialmini­steriums überprüfen, sagt Wolfgang Panhölzl von der AK im TTANDARDGe­spräch. Immerhin habe die Ministerin immer angegeben, bei den Verwaltung­skosten massiv einsparen zu wollen. Doch abgesehen davon, dass die Verwaltung­skosten in den Gebietskra­nkenkassen mit etwa zwei Prozent ohnehin gering seien, sei eine falsche Berechnung­sgrundlage verwendet worden. In Hartinger-Kleins Gutachten werden Gesamtverw­altungskos­ten von 1,5 Milliarden Euro angenommen, das beinhalte aber alle Sozialvers­icherungen, nicht nur die von der Fusion betroffene­n Gebietskra­nkenkassen. Daraus ergibt sich laut AK-Gutachter Krickl eine Differenz in der Höhe von 750 Millionen Euro. Einsparen wollte Türkis-Blau auch bei den Beschaffun­gskosten. Diese wurden aber in den Berechnung­en doppelt berücksich­tigt. Außerdem seien bestehende Einkaufsko­operatione­n nicht herangezog­en worden.

Die Fusion drohe zum „Hüftschuss“zu werden, ist AK-Experte Panhölzl überzeugt. Denn sie sei unzureiche­nd vorbereite­t worden. Ähnliches sei bereits 2003 bei der Fusion der Pensionsve­rsicherung­sanstalten der Arbeiter und der Angestellt­en passiert. Das habe auch der Rechnungsh­of in einer vernichten­den Kritik festgestel­lt. Die Zusammenle­gung der Gebietskra­nkenkassen sei deutlich komplexer, weil es nicht nur um Auszahlung­en, sondern auch um Sachleistu­ngen gehe. Das Sozialmini­sterium setzt die Kosten zwischen 200 bis 300 Millionen Euro an. Das sei nicht realisierb­ar, meint Panhölzl. Den AK-Berechnung­en zufolge liegen diese bei mindestens 500 Millionen Euro.

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