Der erste Publikumstag der Automesse IAA in Frankfurt begann für viele Besucher mit Verzögerung. Demonstranten blockierten Eingänge.
Der Druck auf die Autoindustrie steigt. Am Wochenende wurde das Hochamt der europäischen Autobauer, die Internationale Automobil-Ausstellung in Frankfurt, gestört. Demonstranten blockierten zeitweilig diverse Eingänge zur Messe. Drinnen gab es vor allem b
Das haben sich die Ausrichter der IAA, der Internationalen AutomobilAusstellung in Frankfurt, wohl anders vorgestellt. Statt Beifall für die vielen neuen Elektroautos einzuheimsen, gab es lautstarken Protest. Am Sonntag blockierten mehrere Hundert Demonstranten Eingänge zur Messe, Besucher mussten umgeleitet werden.
Die Demonstranten forderten in Sprechchören autofreie Innenstädte. „Wir sind in einer Notsituation“, sagte die Teilnehmerin Margret Paul mit Blick auf den Klimawandel. Ziviler Ungehorsam sei deswegen angebracht. Es müsse gehandelt werden.
Sprecherinnen von „Sand im Getriebe“, die den Protest organisiert hatten, sagten, die IAA sei zum Symbol für eine verfehlte Verkehrspolitik geworden. „Wir fordern eine radikale Verkehrswende“, sagte Tina Velo. Ähnlich äußerte sich ihre Kollegin Marie Klee: „Wer über die IAA spricht, der muss auch über die Klimakrise sprechen, der muss über den Dieselskandal und Verkehrstote sprechen.“
Die Umweltorganisation „Robin Wood“forderte, den Trend zu immer größeren, schwereren und hochmotorisierten Autos gesetzlich zu stoppen. „In den Innenstädten brauchen wir breitere Gehwege und breitere Radwege, aber keine breiteren Autos“, sagte Dominique Just von Robin Wood. Auch Elektro-Autos seien nicht die Lösung. „Statt E-Autos zu fördern, muss Geld in den Ausbau von Bahn, Öffis und Radverkehr investiert werden.“
„Zeichen gesetzt“
„Wir haben ein deutliches Zeichen gegen das zerstörerische Verkehrssystem gesetzt, für das die weltgrößte Automesse nach wie vor steht“, hieß es von den Sand-im-Getriebe-Aktivisten. Die Aktion habe gezeigt, dass leere Versprechungen das Bündnis nicht mehr hinhalten könnten. „Ein echter Wandel hin zu klimafreundlichem Verkehr ist nur gegen die Profitinteressen der Autolobby möglich“, erklären sie.
Schon am Samstag hatten tausende Menschen vor den Toren der IAA für eine Wende hin zu einem klimafreundlichen Straßenverkehr demonstriert. An einer Fahrradsternfahrt und einer Großdemonstration gegen die Internationale Automobil-Ausstellung beteiligten sich nach Angaben der Polizei rund 15.000 Menschen. Die Veranstalter schätzten die Zahl auf 25.000.
Doch wer am Sonntag abseits der Proteste durch die Messehallen lief, für den könnte der Gegensatz kaum größer sein. Auf der IAA ist die Stimmung so wie auf jeder Automesse zuvor auch.
Ein kleiner Junge drängelt seinen Vater, dass er jetzt endlich den Lamborghini anschauen will. Vor dem Offroadparcours, auf dem sich die von den Demonstranten gescholtenen „Stadtpanzer“bewegen, bildet sich schon kurz nach Messebeginn eine lange Schlange. „Es gibt kein Recht, ein SUV zu fahren“, skandieren die Sand-im-Getriebe-Aktivisten draußen. Drinnen drängen sich zehn Besucher gleichzeitig an den Scheiben des neuen BMW X6.
Bezeichnenderweise ist ein paar Meter weiter bei den kleinen Elektroflitzern von Mini und Opel kaum etwas los. Das einzige Elektroauto, das vergleichsweise viele Menschen anzieht, ist der VW ID3. Die IAA zählte am ersten Publikumstag nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) rund 60.000 Besucher. Die Messe leidet unter Ausstellerschwund.
Zukunft der IAA ungewiss
Der Veranstalter VDA, in dem die Autobauer und Zulieferer in Deutschland zusammengeschlossen sind, will daher das Konzept überdenken. Ein Weggang der Autoschau aus Frankfurt ist nicht ausgeschlossen. VDA-Präsident Bernhard Mattes hatte nach internen Querelen noch am Eröffnungstag seinen Rücktritt erklärt.
Union und SPD beraten derweil über Maßnahmen für einen stärkeren Klimaschutz. Reuters-Informationen zufolge wird das Klimapaket in den kommenden vier Jahren 40 Milliarden Euro oder sogar noch mehr kosten. Zur Finanzierung soll unter anderem ein Preis für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) eingeführt werden. Details sollen am kommenden Freitag vorgestellt werden. (dpa, Reuters, red)