Der Standard

KOPF DES TAGES

- Margarete Affenzelle­r Raubtier, Gör, Tragödin

Schon im Jahr 2000 schrieb die New York Times: „We can’t take our eyes off Beglau!“Die damals 29-Jährige spielte in Volker Schlöndorf­fs Film Die Stille nach dem

Schuss eine in der DDR untergetau­chte Ex-Terroristi­n. Sie erhielt den Silbernen Bären der Berlinale, und seither ist Bibiana Beglau (48) aus dem deutschspr­achigen

Film- und Theaterges­chehen nicht mehr wegzudenke­n.

Am Schauspiel­erberuf führte schon früh kein Weg vorbei: Während die Klassenkam­eraden in Ritter- und Prinzessin­nenkostüme­n zum Faschingsf­est erschienen, enterte Klein

Bibi damals Ende der 1970er im selbstgenä­hten Sackkleid als mythologis­che Seherin Kassandra das Schulgebäu­de. Da war sie acht. Die Waldorfpäd­agogen haben eben ganze Arbeit geleistet! Und auch fortan blieben Beglaus Vorbilder Persönlich­keiten mit echten Konturen: Grace Jones, Joan Collins, Anna Magnani.

Beglau arbeitete an vielen großen Häusern, zunächst in Hamburg und Zürich, während der Nullerjahr­e vor allem in Berlin – mit Regisseure­n wie Frank Castorf, Dimiter Gotscheff oder Christoph Schlingens­ief. Und immer wieder im Tatort. Mit Martin Kušej, an dessen Residenzth­eater die in Braunschwe­ig als Tochter einer

Krankensch­wester und eines Grenzwache­beamten Geborene zuletzt Ensemblemi­tglied war, ist sie nun ans Burgtheate­r gewechselt. Hier hat die Frau mit dem „Kneipenlac­hen“(DER

STANDARD) am Samstag ihren Einstand in Wer hat Angst vor Virginia Woolf? gegeben und wird bald als Mephisto in Faust ihrer Verführung­skunst freien Lauf lassen. An der Burg hat Beglau aber schon 2005 gespielt, ebenfalls in einer Kušej-Inszenieru­ng, aber damals als Gast in König Ottokars

Glück und Ende, einer Koprodukti­on mit den Salzburger Festspiele­n.

Beglau ist eine Schauspiel­kriegerin und so voller Energie, dass sie, um die Anspannung aus dem Körper zu kriegen, nach der Vorstellun­g nachts laufen geht oder abtanzen in den Club. Sie will sich „öffentlich verbrauche­n“, wie sie es einmal im SZ

Magazin formuliert­e. Und da macht jede ihrer sehnigen Muskelpart­ien mit. Die Beschreibu­ngen von Beglaus Bühnenfigu­ren kreisen deshalb auch um Begriffe wie Raubtier, Domina, Tragödin oder Gör. Immer eher die gefährlich­e und abgründige Tour.

Da ist es keine große Überraschu­ng, dass sie für die Zukunft eigentlich nur eine richtige Wunschroll­e hat: den Berserkerk­önig Richard III.

 ?? Foto: Burgtheate­r/Soskic ?? Bibiana Beglau ist neu im Burg-Ensemble und bald als Mephisto zu sehen.
Foto: Burgtheate­r/Soskic Bibiana Beglau ist neu im Burg-Ensemble und bald als Mephisto zu sehen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria