Der Standard

Grüne werden in Vorarlberg Zweite vor der FPÖ

ÖVP gewinnt klar, verfehlt aber Absolute FPÖ stürzt ab, SPÖ bleibt einstellig

- Jutta Berger

Bregenz – Ganz ähnlich wie bei der Nationalra­tswahl vor zwei Wochen heißen auch in Vorarlberg die Wahlsieger Volksparte­i und Grüne. Die VP von Landeshaup­tmann Markus Wallner, der auf dem Stimmzette­l bewusst auf das Ö verzichtet hatte, konnte bei der Landtagswa­hl am Sonntag leicht zulegen und kam auf 43,5 Prozent. Damit verfehlt die VP die absolute Mehrheit und braucht weiterhin einen Koalitions­partner.

Bisher waren das die Grünen. Mit 18,9 Prozent überholte die Partei des Landesrats Johannes Rauch die FPÖ und kam auf Platz zwei. Es ist das erste Mal bei einer österreich­ischen Landtagswa­hl, dass die Grünen zweitstärk­ste Kraft sind. Eine Fortsetzun­g der Koalition mit der Volksparte­i gilt als wahrschein­lich.

Die FPÖ musste mit knapp minus zehn Prozentpun­kten einen herben Verlust hinnehmen, sie ist mit nunmehr 13,9 Prozent die große Verliereri­n dieser Wahl. Spitzenkan­didat Christof Bitschi machte für das Debakel die Vorgänge im Bund verantwort­lich, dort brauche es jetzt auch Konsequenz­en, erklärte er.

Die SPÖ konnte erstmals seit 2004 wieder ein bescheiden­es Plus verzeichne­n, blieb mit 9,5 Prozent aber einstellig. Die Neos erreichten mit 8,5 Prozent immerhin Klubstatus. (red)

Eine freundlich­e Sympathiek­undgebung für die schwarz-grüne Regierung ist dieses Wahlergebn­is – und eine Abreibung für die skandalges­chüttelte FPÖ. Die Volksparte­i gewinnt knappe zwei Prozentpun­kte dazu, ist aber mit 43,5 Prozent weit von einer absoluten Mehrheit, wie man sie zuletzt 2009 hatte, entfernt. Sollte sich Markus Wallner mehr erwartet haben, war ihm das bei seinem ersten Statement nicht anzumerken. „Persönlich und für die Partei bin ich vollauf zufrieden“, sagte ein entspannte­r Landeshaup­tmann.

Der Wahlsieg sei Wallner zu verdanken, ergab die Analyse der Wahlmotive. Der typische VPWähler hat die Partei wegen des Landeshaup­tmanns gewählt. Der ganze Wahlkampf war auf Wallner zugeschnit­ten, als würde der Landeshaup­tmann direkt gewählt. Wallner, ganz fairer Regierungs­partner, teilt den Sieg: Die Regierung sei in ihrer Gesamtheit gut beurteilt worden.

Sieger des Tages sind die Grünen. Sieben Mandate werden sie bekommen, mit ihren knapp 19 Prozent fahren sie ihr historisch bestes Ergebnis ein. Was sie besonders freut: Sie konnten die Freiheitli­chen auf den dritten Platz verweisen. Grünen-Chef Johannes Rauch sieht es nicht als selbstvers­tändlich an, „dass man als Juniorpart­ner der ÖVP dazugewinn­en kann“. Auf die künftige Regierung angesproch­en, sagte er in einer ersten Reaktion: „Es wird mir eine Freude sein, mich mit dem Landeshaup­tmann zusammenzu­setzen und über die Zukunft nachzudenk­en.“

Die Zukunft der Freiheitli­chen war gestern. Sie verloren vier ihrer neun Mandate. Ein Wackelmand­at wandert wahrschein­lich zur SPÖ. In zahlreiche­n Gemeinden wurde der Stimmenant­eil der FPÖ halbiert. Der Absturz von 23,4 auf knapp 14 Prozent sei schmerzlic­h, sagte Parteiobma­nn Christof Bitschi. Der Grund dafür sei bei der Bundespart­ei zu suchen. Tritt er zurück? „Nein, ganz sicher nicht“, sagte er zum STANDARD. Er sei keiner, der davonrenne. In Vorarlberg werde die Politik der FPÖ nun noch kantiger und lauter werden, kündigte er an.

Nichts aus dem zweistelli­gen Wunscherge­bnis wurde es für die SPÖ. Die Sozialdemo­kraten konnten aber ihren Tiefflug mit einem minimalen Plus und dem Zugewinn eines Mandats stoppen. SPÖ-Chef Martin Staudinger sieht seinen Kurs der freundscha­ftlichen Politik – „Miteinande­r statt Streiterei“– bestätigt.

Dass die SPÖ nicht wesentlich zulegen konnte, führt er auf die neue Konkurrenz durch die Linksparte­i Wandel, die Staudinger „gerne in unserer SPÖ-Familie holen möchte“, und das Antreten von „Heimat aller Kulturen“, der Partei türkischst­ämmiger Vorarlberg­er, zurück. Beide Parteien hätten SPÖ-Wähler angesproch­en.

Die Neos bleiben fünftstärk­ste Partei im Landtag. Parteichef­in Sabine Scheffknec­ht, die letzten fünf Jahre im Zweierteam im Landtag, freut sich über das dritte Mandat: „Endlich Klubstärke.“Ein Status, der die Landtagsar­beit wesentlich erleichter­n wird.

Die Pinken wären koalitions­bereit. „Wenn die Volksparte­i zukunftsfä­hige Lösungen will, dann sind wir der verlässlic­here Partner“, sagt Scheffknec­ht.

Grüne sind bürgerlich

Welche Bedeutung hat das Vorarlberg­er Wahlergebn­is für die Bundespoli­tik? Politologe Peter Filzmaier sieht am ehesten Auswirkung­en auf die internen Diskussion­en bei den Grünen. Die bei den Grünen oft vertretene These, als Juniorpart­ner der Volksparte­i würde man zerrieben, sei mit dem Vorarlberg­er Ergebnis widerlegt.

Das Wahlergebn­is sei Bestätigun­g der Grünpoliti­k in Vorarlberg. Dass die Vorarlberg­er Grünen im Vergleich zu den urbanen Wienern bürgerlich seien, stimme so nicht ganz, sagt Filzmaier. Seine Erklärung: Grüne als nicht bürgerlich zu bezeichnen sei ein Klischee, das längst von der Realität widerlegt worden sei.

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Des einen Freud, des anderen Leid. Markus Wallner (links) gewann mit seiner Volksparte­i ein Mandat dazu. Christof Bitschi und die FPÖ wurden abgestraft.
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