Sozialpolitik
RAUS AUS DER HÄNGEMATTE Die wichtigste sozialpolitische Reform unter Türkis-Blau war auch die umstrittenste: die Abschaffung der Mindestsicherung und ihre Umwandlung in eine Sozialhilfe neu. Die Leistung für Einzelpersonen richtet sich wie bisher nach der Ausgleichszulage (zuletzt 863 Euro). Neu: Die Zuschläge für Kinder sinken rasch ab. Für das erste gibt es noch 25 Prozent, ab dem dritten nur noch fünf Prozent. Die Ratio dahinter aus Sicht von ÖVP und FPÖ war, dass Familien mit vielen Kindern nicht über Sozialleistungen mehr Geld bekommen sollen, als wenn die Eltern arbeiten. Hinzu kommen Abschläge in Höhe von 300 Euro für Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen. Die ÖVP hat kein Interesse, die Regelungen in dem Rahmengesetz zu ändern. Zumal erste schwarz regierte Länder wie Niederösterreich bereits ein neues Sozialhilfegesetz beschlossen haben und sich ÖVP-Politiker massiv für die Neuregelung eingesetzt haben. ÖVP-Klubchef August Wöginger meinte einst: „Wir wollen die Leute aus der sozialen Hängematte holen.“
Für kinderreiche Familien gibt es weniger Sozialhilfe – das wird in den Verhandlungen zur Belastung.
REHA-GELD REFORMIEREN Reformbedarf sieht der Wirtschaftsflügel der ÖVP auch im Umfeld der Pensionen, beim Rehabilitationsgeld. Dieses wird seit 2014 von den Krankenversicherungen an Menschen ausbezahlt, die vorübergehend berufsunfähig sind, bei denen aber noch gehofft wird, dass sie in den Arbeitsmarkt zurückkehren können. Das gelingt nur in seltenen Fällen.
WENIGER KINDERGELD INS AUSLAND Ein weiteres grün-türkises Streitthema betrifft das Kindergeld. Zu Jahresbeginn hat Österreich die Unterstützung für Kinder im EU-Ausland und in der Schweiz an die regionalen Lebenshaltungskosten angepasst. Die Folge ist, dass vor allem Kinder in Ungarn und der Slowakei weniger Geld bekommen. Die EU-Kommission hat die Regel als „zutieftst unfair“kritisiert und strebt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Sollte dieser die Regel kippen, müssten sich ÖVP und Grüne, falls sie gemeinsam regieren, auch über dieses heikle Streitthema einig werden. (szi)