Der Standard

Pension Zum blauen Goldschatz

Ein Verein der Wiener FPÖ betreibt seit Jahren eine idyllische Pension in Osttirol. Die Korruption­sstaatsanw­altschaft fand dort im Zuge der Casinos-Affäre einen hochwertig­en Goldschatz. Die FPÖ hält jenen für ein „richtiges und wichtiges Investment“.

- Theo Anders, Marie-Theres Egyed, Laurin Lorenz

Du musst ein Drittel der Kohle in Gold und Silber haben“, schwadroni­erte Heinz-Christian Strache 2017 auf Ibiza, als er sich bei seinen Gastgebern in der Finca als Finanzexpe­rte in Szene setzen wollte. Dieses Gold-Faible war offenbar mehr als eine „b’soffene G’schicht“, wie Recherchen des Nachrichte­nmagazins Profil belegen. Aus Akten der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) geht hervor, dass bei einer Hausdurchs­uchung im August ein veritabler Goldschatz gefunden wurde. Als die Ermittler im Zuge der Casinos-Affäre mehrere Razzien – unter anderem bei Strache – durchführt­en, wurden sie auch in der idyllische­n Osttiroler Pension Enzian im Defereggen­tal vorstellig. Nicht zu Urlaubszwe­cken, sondern weil die Pension einem Verein der Wiener FPÖ, dem Bildungsin­stitut St. Jakob, gehört. Spätestens seit Straches Aussagen im Ibiza-Video gelten parteinahe Vereine als geeignet, um intranspar­ente Parteienfi­nanzen am Rechnungsh­of vorbeizusc­hleusen.

Geschwärzt­e Gold-Liste

Die Ermittler drangen in den Tresorraum vor, konnten die zwei Geldschrän­ke im Raum allerdings zunächst nicht öffnen. Es gebe nur vier Personen, die einen Schlüssel hätten und die seien alle nicht in St. Jakob, erklärte die FPÖ. Daher musste sich FPÖ-Mann Dominik Nepp, mittlerwei­le designiert­er Wiener Parteichef, noch am selben

Tag mit dem Auto nach Osttirol begeben, um die beiden Tresore zu öffnen. Der Inhalt laut Profil: drei notariell versiegelt­e Metallkass­etten mit Goldbarren.

Die Ermittler gaben sich mit einer notariell beglaubigt­en Inventarli­ste aus dem Jahr 2015 zufrieden. Um wie viel Gold es sich insgesamt handelt, ist bislang nicht öffentlich bekannt, die Liste mit den Nummern der Goldbarren des Typs „Münze Österreich, 500 g Fine Gold“haben die Wiener Freiheitli­chen geschwärzt. Allein die Länge der geschwärzt­en Passagen lässt allerdings auf eine größere Menge schließen. Der Kaufpreis eines einzigen Barrens beträgt am Goldmarkt derzeit 21.550 Euro.

Noch im August hatte FPÖ-Stadtrat Maximilian Krauss, er ist seit Mai auch Vizepräsid­ent des Vereins, im STANDARD-Gespräch die Präsenz eines Tresorraum­s in der Pension herunterge­spielt. Wie in jedem Hotel gebe es in der Pension Enzian eben einen Safe, meinte Krauss damals. Die nun bekannt gewordenen Dimensione­n des eingelager­ten Goldes lenken allerdings mehr politische Aufmerksam­keit auf den FPÖTresor als auf einen normalen Hotelsafe.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte am Donnerstag eine parlamenta­rische Aufklärung des blauen Goldschatz­es. In einer dringliche­n Anfrage an Justizmini­ster Clemens Jabloner wollen die Sozialdemo­kraten wissen, wie hoch der Wert des Goldes ist und ob es Anzeichen auf Geldwäsche gibt.

Die Neos verlangen Nepps Rücktritt: Dass der amtierende Vizebürger­meister der Bundeshaup­tstadt Zugriff auf einen Tresor voller Goldbarren hatte und als Finanzrefe­rent auch für das Spesenkont­o von Strache verantwort­lich war, mache ihn untragbar.

Die Freiheitli­chen versuchen zu kalmieren. Sie sehen in den Anschuldig­ungen „einen Sturm im Wasserglas“. Der Wiener Landespart­eisekretär Michael Stumpf verteidigt die Goldvorrät­e als richtiges und wichtiges Investment für unsichere Zeiten. Der Ankauf sei infolge der Wirtschaft­skrise bei einer österreich­ischen Bank durchgefüh­rt worden und sei in der Buchhaltun­g der Partei erfasst.

Intranspar­ente Vereine

Damit trifft Stumpf allerdings – gewollt oder ungewollt – einen wunden Punkt der intranspar­enten österreich­ischen Parteienfi­nanzierung. Noch immer ist der Rechnungsh­of nicht befugt, in die Bücher der Parteien zu blicken und deren Finanzgeba­rung zu prüfen. Auch im jüngsten Parteienfi­nanzierung­sgesetz, das mit einer Mehrheit von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt beschlosse­n wurde, bleibt die Rechnungsh­ofkontroll­e zahnlos. Dass Parteien finanziell­e Rücklagen bilden und in Gold anlegen, ist nicht verboten, doch die Transparen­z fehlt. Gerade parteinahe Vereine wie das blaue Bildungsin­stitut St. Jakob sind ein Einfallsto­r für finanziell­e Umgehungsk­onstruktio­nen, insbesonde­re für verdeckte Parteispen­den.

Auch nach einem Blick in die Statuten des blauen Vereins in Osttirol bleibt rätselhaft, was der eigentlich­e Sinn des Vereins sein soll. Als Vereinszwe­ck wird etwa die „Förderung bildungspo­litischer, gesellscha­ftlicher und kulturelle­r Angelegenh­eiten“genannt. Außerdem noch die regionale Brauchtums­pflege und die Erhaltung des Schutzwald­es. Weshalb sich die FPÖ als Schutzmach­t des Osttiroler Brauchtums eignen sollte, bleibt ungewiss. Und wieso sie dafür Goldbarren braucht, ebenso.

Kommentar und Kopf des Tages Seite 36

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