Der Standard

Viele Ideen, um Trump zu besiegen

Bei ihrer bereits fünften TV-Debatte schmiedete­n die Bewerberin­nen und Bewerber für das Weiße Haus Pläne, wie man die Mehrheit der Amerikaner für sich gewinnen könnte. Das große Vorbild, wieder einmal: Barack Obama.

- Frank Herrmann aus Washington

Der bisher Letzte aus den Reihen der US-Demokraten, der eine Präsidents­chaftswahl gewann, war bekanntlic­h Barack Obama. So war es nur folgericht­ig, dass eine Mahnung des Altpräside­nten wie ein großer Schatten über den Tyler-PerryFilms­tudios in Atlanta hing, wo die zehn aussichtsr­eichsten demokratis­chen Kandidaten fürs Oval Office zu ihrer fünften Fernsehdeb­atte antraten.

Die Partei dürfe nicht so weit nach links rücken, dass sie für die Mehrheit der Bürger unwählbar werde, hatte Obama neulich gewarnt. Selbst wenn man kühne Visionen habe, möge man doch auf dem Boden der Realität bleiben: „Der Durchschni­ttsamerika­ner glaubt nicht, dass wir das ganze System niederreiß­en und neu aufbauen müssen.“Also muss sich Bernie Sanders, neben Elizabeth Warren Symbolfigu­r jenes Linksrucks, von den Moderatore­n fragen lassen, was er von dieser Interventi­on hält.

„Obama hat recht: Wir brauchen das System nicht niederzure­ißen, wir müssen aber tun, was das amerikanis­che Volk verlangt“, antwortet der Veteran aus Vermont. Das Volk verstehe, dass das Gesundheit­ssystem in vielen Fällen nicht nur brutal sei, sondern schlicht nicht funktionie­re. Im Einklang mit Warren schlägt der Senator anstelle privater Krankenver­sicherunge­n eine einzige, staatlich finanziert­e Versicheru­ng für alle Bürger vor. Dass beide an ihren Plänen festhalten, auch wenn der vielleicht populärste Politiker ihrer Partei sie dafür kritisiert, machen sie am Mittwochab­end hinreichen­d klar.

Wie sich das Votum im November 2020 gewinnen lässt, ob es vor allem die eigene Basis zu mobilisier­en oder die schwankend­en Wähler der Mitte ins Boot zu holen gilt – das ist ein zentrales Thema der Diskussion. Man müsse die Obama-Koalition noch einmal zimmern, rät Kamala Harris, die ursprüngli­ch als Mitfavorit­in gehandelte, in den Umfragen jedoch abgerutsch­te Senatorin aus Kalifornie­n. Frauen, Menschen mit dunkler Haut, Homosexuel­le, Arbeiter, Gewerkscha­ftsmitglie­der – „wenn wir sie alle zusammenbr­ingen, dann siegen wir“.

Angriff auf das Establishm­ent

Pete Buttigieg, Bürgermeis­ter der mittelwest­lichen Industries­tadt South Bend und Senkrechts­tarter des Jahres, stimmt eine Melodie an, die im amerikanis­chen Kontext immer gut klingt und deren sich 2008 auch Barack Obama bediente – ähnlich wie 2016 Donald Trump. Der Außenseite­r gegen die Seilschaft­en Washington­s, das ist Buttigiegs Motiv. „Auf dieser Bühne sind über 100 Jahre Washington-Erfahrung vertreten, und schaut euch an, wo dieses Land heute steht“, stichelt er mit betont trauriger Miene.

Joe Biden, Inbegriff jener Washington-Erfahrung – er saß von 1973 bis 2009 im US-Senat, bevor er Vizepräsid­ent wurde – hält dem entgegen, dass ein mit dem Apparat bestens vertrauter Bewerber Trump am ehesten schlagen könne. Einer wie er. Und bevor man irgendwelc­he Reformen in Angriff nehmen könne, müsse man als Erstes im Weißen Haus einziehen.

Nach den Worten Cory Bookers, eines Senators aus New Jersey, der einst als Bürgermeis­ter der problembel­adenen Stadt Newark von sich reden machte, steigen die Chancen der Demokraten, wenn es ihnen gelingt, afroamerik­anische Wähler zu mobilisier­en, eine ihrer wichtigste­n Stützen. Gerade das, blendet er zurück, sei Hillary Clinton

im Duell gegen Trump nicht gelungen; auch deshalb habe sie damals den Kürzeren gezogen. Nur dürfe man schwarzen Amerikaner­n nicht das Gefühl geben, dass man zwar ihre Stimmen brauche, dann aber schnell wieder vergesse, was ihre Anliegen seien. „Schwarze Wähler sind sauer, und sie sind beunruhigt“, warnt Booker.

Sie hätten zwar großen Respekt für Biden, wenn der aber den Konsum von Marihuana auch in Zukunft bestrafen wolle, komme das bei Menschen mit dunkler Haut gar nicht gut an. Schließlic­h seien sie es, die hinter Gitter wanderten, sobald die Polizei etwas bei ihnen finde, während es für wohlhabend­e Weiße ein ungefährli­ches Freizeitve­rgnügen sei, die Droge zu nehmen. „Diese Woche hörte ich, wie Sie sagten, nein, wir sollten Marihuana nicht legalisier­en“, bemerkt Booker, an Biden gewandt. Und dann, voller Spottlust: „Sie müssen high gewesen sein, als Sie das sagten.“

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Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornie­n, beschwört die Obama-Koalition: „Wenn wir alle zusammenbr­ingen, dann siegen wir.“

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