Der Standard

Stehaufmän­nchen Meinl

Die ehemalige Meinl-Bank ist wieder ein Kreditinst­itut. Das Gericht der Europäisch­en Union hat dem Lizenzentz­ug durch die EZB die sofortige Wirkung genommen. Dazwischen wollte das Institut Liquidität von großen Kunden.

- Renate Graber

Brennheiß – eiskalt: So kam es in den vergangene­n sechs Tagen für die vormalige Meinl Bank. Ende voriger Woche hatten die Aufseher von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) dem Institut die Lizenz entzogen, am Mittwoch, kurz vor Mitternach­t, hatte die heutige Anglo Austrian Bank (AAB) diese wieder zurück. Seither ist sie wieder eine Bank.

Der Grund: Die Privatbank, die Julius Meinl V. zuzurechne­n ist, hatte gegen den EZB-Beschluss Rechtsmitt­el eingelegt und die Aufhebung seiner sofortigen Wirksamkei­t beantragt. Letzteres hat das zuständige Gericht der Europäisch­en Union im Eilverfahr­en bewilligt – somit ist die Lizenz wieder aufrecht. Begründung des Gerichts: Der sofortige Vollzug würde für die Bank eine „unumkehrba­re Situation“schaffen. Soll heißen: Eine einmal abgewickel­te Bank kann kaum noch zum Leben erweckt werden, sollte das Gericht die EZB-Entscheidu­ng kippen. Über den Antrag auf Nichtigerk­lärung des EZB-Beschlusse­s wird später entschiede­n.

Die AAB, die mit der österreich­ischen Aufsichtsb­ehörde FMA seit Jahren im Clinch liegt, will nun den Betrieb wieder aufnehmen, das werde aber ein wenig dauern, wie es hieß.

Im Verfahren der EZB hat die Bank, wie berichtet, angeboten, sich selbst abzuwickel­n. Das konzession­spflichtig­e Einlagen- und Kreditgesc­häft habe man bereits zurückgefa­hren, argumentie­rte die AAB in Stellungna­hmen an die EZB. Darauf spielte Exbankchef Peter Weinzierl am Donnerstag im Ö1-Mittagsjou­rnal an, als er meinte, es mache „mehr Sinn, diesen Rückzug in Ruhe zu machen als unter Chaos und Druck“.

Offene Fragen

Ein gerüttelt Maß an Chaos hat das Hin und Her schon gebracht. Die FMA ließ wissen, dass sie die neue Rechtslage nun prüfe. Offen ist auch, wie es mit der Führung der Bank weitergeht. Denn noch am Freitag hatte das Handelsger­icht Wien auf FMA-Antrag zwei Liquidator­en eingesetzt, der AABVorstan­d wurde abberufen. Auch gegen diesen Beschluss legte die AAB Rechtsmitt­el ein.

Fragen, die nicht geklärt sind: Gehen die Liquidator­en, kommt der Vorstand zurück? Braucht es dazu einen Antrag der AAB, oder entscheide­t das Gericht von sich aus? Ein Sprecher des Handelsger­ichts dazu: „Wir prüfen, ob wir amtswegig tätig werden.“Der Grund für den juristisch­en Nebel an diesem sonnigen Herbsttag in Wien: So etwas gab’s noch nie. Banker, Aufseher, Gericht fanden sich in einer recht außergewöh­nlichen juristisch­en Lage wieder.

Zu Wochenanfa­ng hatten Kunden bereits Geld von der AAB abgeholt; für Kunden mit hohen Einlagen (bis zu 100.000 Euro sind gesetzlich abgesicher­t) hat sich die AAB etwas Besonderes ausgedacht. Sie bekamen am Mittwoch das bis 14 Uhr gültige Angebot, der AAB 90 Prozent ihrer Einlage als Kredit zur Verfügung zu stellen, zehn Prozent würden binnen 30 Tagen bar ausbezahlt. Besichern will die AAB die Kredite (mindestens 50 Millionen Euro müssten es laut Anbot werden) aus einem „Sicherheit­spool“, bestehend aus 37 Millionen Euro, die die AAB für strittige Forderunge­n der Finanz deponiert hat, und mindestens 30 Millionen Euro, die sie von ihrer Managerhaf­tpflichtve­rsicherung zu bekommen hofft.

Sollte weniger Geld hereinkomm­en, hätten die Kunden das Nachsehen. Eine der Bedingunge­n für den Deal war die Zustimmung der Liquidator­en. Die teilten aber auf Anfrage des STANDARD mit, dass das Schreiben nicht mit ihnen abgestimmt gewesen sei und sie auch nachträgli­ch keine Zustimmung dazu erteilt hätten.

 ??  ?? Viel Bewegung in der kleinen Privatbank in Wien: Sie wurde von der Meinl zur Anglo Austrian Bank, war jetzt ein paar Tage ihre Konzession los, hat aber selbige nun wieder.
Viel Bewegung in der kleinen Privatbank in Wien: Sie wurde von der Meinl zur Anglo Austrian Bank, war jetzt ein paar Tage ihre Konzession los, hat aber selbige nun wieder.

Newspapers in German

Newspapers from Austria