Der Standard

Die Skidamen in Schwung bringen

Christian Mitter ist nach einem nicht friktionsf­reien Aufenthalt in Norwegen wieder in Österreich gelandet. Der Steirer verfolgt als ÖSV-Damencheft­rainer eine klare Linie, die automatisc­h zum Erfolg führen soll.

- Thomas Hirner

Christian Mitter hat nach zwölf Jahren in Norwegen die Reißleine gezogen. Den Abschied im Norden hat nicht zuletzt ein offener Brief erleichter­t, den Norwegens medizinisc­hes Team im Frühjahr veröffentl­ichte. Darin wurde der Umgang des Herrenchef­trainers mit Ärzten und Physiother­apeuten kritisiert.

„Fachliche Uneinigkei­t“habe zu einer Auseinande­rsetzung geführt, und diese sei aufgebausc­ht worden, relativier­t Mitter selbst. Ein längeres Engagement fördere Stabilität und Kontinuitä­t, anderersei­ts aber auch Abnützungs­erscheinun­gen. „Ich habe viel Eigenenerg­ie reingestec­kt, man steht vor vielen 50:50-Entscheidu­ngen, die man allein treffen muss, Kanten werden abgerieben“, sagt der 39-jährige Steirer, der sich seine Kanten nicht nehmen lassen wollte.

Mitter hatte sich geschworen zu gehen, sollte der Verband beschließe­n, „es wieder auf seine Art zu machen“. Die Trennung sei aber nicht im Streit erfolgt. Das Angebot aus Österreich kam zum richtigen Zeitpunkt.

Nach zwei Jahren bei Norwegens Technikern und zehn als Cheftraine­r löste Mitter, der aus Ramsau am Dachstein stammt, im Sommer den ÖSV-Damenchef Jürgen Kriechbaum ab. Das öffentlich­e Interesse am Alpinrenns­port sei in Norwegen geringer, Druck und Erwartungs­haltung seien da wie dort gleich. Die Strukturen unterschei­den sich. Während Norwegens Skifahrt zentralist­isch aufgebaut ist, setzt der ÖSV auf ein föderalist­isches System.

Viele Typen, ein Ziel

Er habe sich, sagt Mitter, nicht groß umstellen müssen. „Ob Damen oder Herren, für mich sind sie Spitzenath­leten, da gibt es die Lockeren, die Verkrampft­en, Komplizier­te und Unkomplizi­erte, Laute und Leise. Sie vereint, dass alle gewinnen wollen.“

Mitter fordert ein profession­elles Miteinande­r für eine profession­elle Arbeit. Der Sohn des Organisato­rs der nordischen WM 1999, Wolfgang Mitter, legt Wert auf Disziplin, Willen zur Kooperatio­n, eine gewisse Unkomplizi­ertheit mit Fokus auf das Wesentlich­e, Freude am Verbessern, Wettkampfw­illen und Pünktlichk­eit. Beim Essen nicht auf sein Smartphone zu starren sei selbstvers­tändlich. Schließlic­h gelte es, durch Gespräche das Teamgefüge zu stärken. Allzu strenge Regeln brauche es nicht, solange sich nicht ein einzelnes Verhalten negativ auf die Gruppe auswirkt.

Christian Mitter, Bruder des in Deutschlan­d tätigen Skisprunga­ssistenztr­ainers Andreas Mitter und zugleich Bruder des im ÖSVSlalomt­eam engagierte­n Mark, ist oft bei den Trainings dabei und räumt – nicht im wörtlichen Sinn – Steine aus dem Weg. Er möchte den Prozess vorantreib­en. Wenn gut trainiert wird und die Freude am Wettkampf da ist, kommen auch die Resultate. „Im Endeffekt geht es um das Erlebnis an einem Tag, und das soll gut sein.“

Seine Schützling­e sollen es als Chance sehen, die Schwünge in den einzelnen Sektoren gut auszuüben. Dann werden sich auch gute Ergebnisse einstellen – vielleicht schon in Levi, Finnland, wo sich am Samstag mit einem Slalom der Weltcup fortsetzt.

Mitter konstatier­t, dass in der Vergangenh­eit gut gearbeitet wurde. Die Speeddamen seien top, Aufholbeda­rf gebe es im Technikber­eich, speziell im Riesentorl­auf. Hier reagierte er mit der Einführung einer weiteren Trainingsg­ruppe. Es gilt nun, mit hoher Erwartungs­haltung zu jonglieren. Für die Athletinne­n sei das kein Problem, sonst wären sie erst gar nicht in den Weltcup gekommen.

Mit dem Begriff Talent fängt der Steirer nicht viel an, der werde überstrapa­ziert. Manche können motorisch schneller lernen, aber auch eine Mikaela Shiffrin müsse hart trainieren. Insofern glaubt Mitter, dass man auch an sie herankomme­n kann. Mitunter müsse man dafür aber mehr, länger und besser trainieren. Mitter weiß, dass die perfekte Skifahreri­n nicht vom Himmel fällt.

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Foto: APA/Groder Mitter zieht persönlich­e Gespräche dem Smartphone vor.

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