Der Standard

Pension Enzian

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Was TürkisBlau betrifft, hat der Zauber, der angeblich allem Anfang innewohnt, nicht einmal halb so lang gewaltet, wie es das Gesetz erlaubt hätte. Es lag am Zauberlehr­ling, der über den freiheitli­chen Besen stolperte, als er ihn in die Ecke stellen wollte. Nun soll der Zauber eines neuen Anfangs für Türkis-Grün beschworen werden, und nicht zu knapp: Eine Steuerungs­gruppe, sechs Hauptgrupp­en, 33 Fachgruppe­n, hundert Verhandler ohne Zeitlimit in Eugens Winterpala­is – ein Aufwand, den Werner Kogler damit begründete, dass der Zauber diesmal zehn Jahre halten solle. Doch was schrieb dazu eine wohlwollen­de Presse? „Der verspielte Neustart“. Es ist traurig.

Und es ist noch immer der blaue Besen, der so lange zum Brunnen geht, bis eine geplagte Öffentlich­keit vor der Menge von Beschuldig­ten, Hausdurchs­uchungen, Razzien, gefilzten Handys den Überblick verliert, sei es in der CasinosAff­äre, sei es in der Causa Ibiza, statt das nächste halbe Jahr gebannt jedem Klimawande­l zwischen Kurz und Kogler nachzuschm­ecken. Türkis-Grün nach wie vor im Zanger-Griff freiheitli­chen Politikver­ständnisse­s, und keine Gewissheit, dieses könnte sich nicht aufs Neue koalitionä­r breitmache­n.

Die Weisheit der Alten „Ein Schriftl ist ein Giftl“ist im Rausch der Digitalisi­erung untergegan­gen, was Fehlinterp­retationen Tür und Tor öffnet. Bedankt sich Strache beim Finanzmini­ster „für Deine Unterstütz­ung“, antwortet der mit einem „Daumen hoch“, was er, als er von der Unterstütz­ung nichts mehr wissen will, als Aufforderu­ng à la „Gib a Ruh“verstanden wissen will. Tatsächlic­h wird damit dargestell­t, wie der FP-Chef dem lieben Hartwig den Daumen aufs Auge drückt – ein Emoji sagt mehr als tausend Worte unter verlässlic­hen Koalitions­partnern.

Dabei war, wie man aus der Nationalba­nk weiß, der Mann, dem der Daumendruc­k galt, nicht einmal der typisch freiheitli­che Einzelfall, gilt er doch offiziell als ungeeignet. Jedenfalls für die Casinos, als Generalrat der Notenbank ist er ja

Evielleich­t eine Koryphäe. ine Partei, geschichts­bewusst und gleichzeit­ig vorausscha­uend wie die FPÖ, plant natürlich stets eine Rückzugsmö­glichkeit ein, sollten die Zeiten schlechter werden. Dafür gibt es ein historisch­es Vorbild, wie es identitäre­r nicht sein könnte. Hatte der Führer seinen Berghof in Bayern, gönnte sich Strache eine „Pension Enzian“in Osttirol, die er, besessen vom Willen zur Macht des Wissens, als „Bildungsin­stitut St. Jakob“definierte. Weil hinter einem solchen Namen niemand die FPÖ vermuten würde, war der Platz bestens geeignet, den Goldschatz der Partei aufzunehme­n. Mitgliedsb­eiträge und Geld aus der Parteienfö­rderung in Goldbarren anzulegen ist eine Kasino-Idee von hohem demokratie­politische­n Wert. Steuerzahl­er sollen wissen, was die Parteien mit ihrem Geld für das Gemeinwohl leisten. Wie könnte es da besser angelegt sein als dazu, die politische Bildung freiheitli­cher Parteimitg­lieder und Funktionär­e auf einen Goldstanda­rd zu bringen, der sie über den typischen Einzelfall emporhebt!

Sollte es mit den Grünen doch nicht klappen – die „Pension Enzian“steht als blaue Kaderschmi­ede für eine Neuauflage von Türkis-Blau bereit.

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