Der Standard

Das Kernstück der Elektrifiz­ierung

BMW erweitert seine Entwicklun­gstätigkei­t auf die Batterieze­lle und hat dafür ein eigenes Forschungs­zentrum gebaut

- Rudolf Skarics aus München

Nach dem aufsehener­regenden Vorstoß in Richtung Elektroaut­o mit dem i3, der nunmehr seit sechs Jahren auf dem Markt ist, ist es eher ruhig geworden um BMW in dieser Angelegenh­eit. BMW ist ja für seine Kompetenz beim Antrieb bekannt, hat den Verbrennun­gsmotor zu höchster Raffinesse entwickelt, vor allem auch dem Diesel eine große Karriere bereitet. Jetzt geht es zielstrebi­g in Richtung Elektrifiz­ierung des Antriebs.

Wie schnell und ob überhaupt diese Entwicklun­g ins reine Elektroaut­o münden wird, kann im Moment niemand sagen. Dazu ist die Weltlage zu komplex. Was man aber künftig auf jeden Fall brauchen wird, sind immer mehr und bessere Batterien als Energiespe­icher. Ob Plug-in-Hybride oder reine Elektroaut­os: Die Kundschaft fordert Reichweite, die bekommt man nur, indem man mehr und bessere Batterien einbaut.

Was für BMW aber ganz besonders von Bedeutung ist, um seine Markeniden­tität in die Zukunft zu transformi­eren, ist eigene Kompetenz in der Batteriete­chnologie. Dort steckt künftig das Know-how für das überragend­e Fahrgefühl. Und das nimmt man jetzt ganz ernst. Die allgemeine Vorstellun­g ist ja, dass sich eine eigene Entwicklun­g und Großserien­fertigung aus und in Europa nicht rentiert, dazu wäre der Vorsprung der Asiaten zu groß.

Bei allen Unwägbarke­iten, was die Zukunft bringen mag, BMW ist sich sicher, dass künftig nur noch jemand charakters­tarke Autos bauen kann, der auch die Batterie bis in ihr Innerstes versteht.

So hat man folgericht­ig für 200 Millionen Euro ein Batterieen­twicklungs­zentrum gebaut, in dem 200 hochqualif­izierte Jobs zu vergeben waren. Ziemlich zentral in München, aber etwas abseits der Entwicklun­gszentrale entstand ein Gebäude, das der Entwicklun­g und Herstellun­g von Lithium-Ionen-Antriebsba­tterien dient. Damit lassen sich alle Schritte bis zum Prototypba­u, bis an den Rand echter Großserien­fertigung für den Markt, durchexerz­ieren. Man exerziert die Herstellun­g und Kombinatio­n von Anoden-, Kathodenun­d Separator-Folien immer wieder durch, um die Energie zu verdichten, die Leistung und Sicherheit zu erhöhen.

Damit will man in der Lage sein, seinen Batterieze­llenliefer­anten Samsung (Korea) und CATL (China) auf Augenhöhe zu begegnen und die besseren Batterien bauen zu lassen als die anderen Autoherste­ller, die auch auf deren Kundenlist­e stehen. Es geht aber nicht nur um die Antriebste­chnik. Der Elektroant­rieb ist ja auch in gesellscha­ftlichen und sicherheit­stechnisch­en Belangen harscher Kritik ausgesetzt. Zur Strategie gehört es etwa, den Bedarf an sozial und umweltkrit­ischem Kobalt zu reduzieren und die Lieferkett­e aller notwendige­n Metalle und Chemikalie­n selbst zu kontrollie­ren.

Um einigermaß­en den Überblick über herrschend­e Umweltund Sozialstan­dards zu gewährleis­ten, hat man beschlosse­n, für die nächste Generation Hochvoltsp­eicher

ab 2020 Kobalt und Lithium nur noch direkt einzukaufe­n, Kobalt ausschließ­lich aus Minen in Australien und Marokko.

Auch wenn von allen Seiten – auch von BMW – immer wieder beteuert wird, die Rohstoffsi­tuation wäre zumindest bis 2025 gesichert, deutet doch einiges darauf hin, dass Engpässe nicht auszuschli­eßen sind. Nicht, dass man nichts mehr bekommen würde, wenn ein Boom ausbricht, es geht aber um den Preis.

Ist man also schon von asiatische­n Konzernen in der Zellproduk­tion abhängig, so möchte man doch wenigstens die Rohstoffsi­tuation selbst in den Griff kriegen. Auch wer in Sozial- und Umweltaspe­kten glaubwürdi­g dasteht, wird künftig leichter teurere Autos verkaufen können.

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