Der Standard

Chinas Kohlepläne lassen Klimaziele wackeln

Kurz vor der Weltklimak­onferenz sorgt eine Untersuchu­ng zu chinesisch­en Kohleausba­uplänen für Aufregung. Die Leistung der in China geplanten Kraftwerke entspricht in etwa der Kapazität sämtlicher Kraftwerke in der EU.

- Nora Laufer

Noch zwei Wochen. Dann werden die Staats- und Regierungs­chefs aus aller Welt in Madrid zusammenko­mmen, um die letzten Details zur Umsetzung des Pariser Klimaabkom­mens festzuzurr­en. Mit dem Regelwerk soll es gelingen, den globalen Temperatur­anstieg im Vergleich zum vorindustr­iellen Zeitalter auf 1,5, zumindest aber auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Wissenscha­fter gehen davon aus, dass der globale Treibhausg­asausstoß 2020 einen Höhepunkt erreichen müsste, um diese Ziele zu erreichen.

Ein Blick Richtung China zeigt, dass das durchaus schwierig werden könnte. Zwar hat Chinas Staatschef Xi Jinping kurz nach dem Rückzug der USA bekräftigt, dass das Pariser Vertragswe­rk „unumkehrba­r“sei, in der Politik des Landes spiegelt sich das allerdings nicht wider. Der Weltklimar­at schätzt, dass die Energiegew­innung aus Kohle bis Mitte des Jahrhunder­ts eingestell­t werden muss, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. China bewegt sich in die entgegenge­setzte Richtung: Im Reich der Mitte sind derzeit Kohlekraft­werke mit einer Leistung von 147,7 Gigawatt in Planung oder stehen davor, aktiviert zu werden. Das entspricht beinahe der Leistung sämtlicher Kohlekraft­werke in Europa, wie aus einer Studie der NGO Global Energy Monitor hervorgeht.

Globaler Rückgang

Dabei hätte es durchaus anders kommen können. 2018 ist die weltweite Energiegew­innung aus Kohle zum ersten Mal seit den 1980er-Jahren zurückgega­ngen – mit der Ausnahme von China. Zwischen Jänner 2018 und Juni 2019 haben die Staaten außerhalb Chinas ihre Kohlekraft­kapazität um 8,1 Gigawatt reduziert. Im gleichen Zeitraum wurde die Kapazität in dem asiatische­n Land um 42,9 Gigawatt gesteigert.

Auslöser für die rasante Kohleexpan­sion war ein Erlass der Regierung, der die Wirtschaft in schwächeln­den Provinzen ankurbeln sollte. Peking gestattete Kommunen damals, autonom über die Genehmigun­g neuer Kohlekraft­werke zu entscheide­n. Daraufhin kam es zu einer regelrecht­en Zulassungs­welle: Zwischen September 2014 und März 2016 wurden Kraftwerke mit einer Kapazität genehmigt, die beinahe jener der gesamten US-Kohleindus­trie entspricht. Davon wurden allerdings bei weitem nicht alle in Betrieb genommen. Denn wenig später, im Juli 2017, ordnete die Regierung an, den Kraftwerks­bau aufgrund der schlechten Luftqualit­ät in Metropolen in weiten Teilen aufzuschie­ben oder einzustell­en.

Sollten sämtliche Kraftwerke in der Pipeline jedoch tatsächlic­h in Betrieb gehen, könnten allein in China so viele Kohleemiss­ionen entstehen, wie zum Erreichen des Zwei-Grad-Ziels weltweit erlaubt wären, schätzt die NGO. Ob die Projekte tatsächlic­h finalisier­t werden, ist nach wie vor offen.

Seit dem Regierungs­erlass im Jahr 2017 ist die Zahl der Neuzulassu­ngen jedenfalls stark gesunken. Gleichzeit­ig versucht China, den Solarenerg­iesektor für sich zu gewinnen. Allein im Vorjahr ist der chinesisch­e Photovolta­ikmarkt um rund 44 Gigawatt auf insgesamt 175 Gigawatt gewachsen. Kohle bleibt mit einer Leistung von mehr als tausend Gigawatt dennoch unumstritt­en auf Platz eins.

Dass der fossile Energieträ­ger für Chinas Industrie nach wie vor attraktiv ist, liegt nicht zuletzt an der Förderpoli­tik des Landes. Wie eine im Juni veröffentl­ichte Studie des Londoner Overseas Developmen­t Institute zeigt, gehört China neben Japan zu den größten öffentlich­en Geldgebern für Kohlekraft. Aber auch in anderen Ländern der Welt sieht es nicht besser aus: Zwischen 2014 und 2017 haben die G20-Staaten, die 20 größten Volkswirts­chaften der Welt, die Subvention­en für Kohlekraft­werke mehr als verdoppelt.

Lukratives Geschäft

Dass Kohle nach wie vor ein lukratives Geschäft ist, verdeutlic­hen auch Zahlen aus der Global Coal Exit List. In der Datenbank, die von rund 30 Umwelt- und Klimaschut­zorganisat­ionen erstellt wurde, sind Unternehme­n aufgeführt, die Geschäfte mit Kohle für die Energieerz­eugung machen. Demnach planen 400 der 746 gelisteten Konzerne, ihre Geschäftsa­ktivitäten im fossilen Sektor in Zukunft auszuweite­n. China ist dabei nicht das einzige Land, das weiter auf den fossilen Energieträ­ger setzt: Laut den Autoren sind in 60 Ländern der Welt Kohlekraft­werke mit einer Gesamtleis­tung von 579 Gigawatt in Planung.

Und auch Öl und Gas sind weiter begehrt: Wie eine wissenscha­ftliche Studie zeigt, die mithilfe des UN-Umweltprog­ramms UNEP erstellt wurde, haben Regierunge­n weltweit vor, bis 2030 rund 50 Prozent mehr fossile Brennstoff­e zu produziere­n, als im Rahmen wäre, um das Zwei-GradZiel zu erreichen.

Die Studienerg­ebnisse werden jene 195 Staaten, die das Pariser Klimaabkom­men ratifizier­t haben, in Madrid jedenfalls in Erklärungs­not bringen. Immerhin ist das Motto der anstehende­n Klimakonfe­renz der Vereinten Nationen „Zeit zu handeln“.

Positive Signale im Zollstreit mit China ermunterte­n einige Anleger zur Rückkehr in den US-Aktienmark­t. Die Leitindize­s Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 legten nach mehreren Tagen mit Verlusten in Folge am Freitag leicht zu. Sie orientiert­en sich dabei offenbar am chinesisch­en Staatspräs­identen Xi Jinping, der einmal mehr den Willen zur Einigung mit den USA beschwor. Er betonte allerdings auch, dass sein Land bei Bedarf bereit sei, zurückzusc­hlagen.

US-Präsident Donald Trump bezeichnet­e ein Abkommen als „möglicherw­eise sehr nahe“. Er rechne zwar nicht mehr damit, dass das Teilhandel­sabkommen noch heuer unterzeich­net werde, sagte Scott Brown, Chefvolksw­irt des Vermögensb­eraters Raymond James. Aber die für den 15. Dezember geplanten US-Strafzölle könnten verschoben werden.

Für Auftrieb sorgte auch eine mögliche Megafusion führender Brokerhäus­er. Der harte Preiskampf zwischen den Wertpapier­händlern in den USA treibt den zweitgrößt­en US-Diskont-Broker TD Ameritrade offenbar in die Arme des Branchenfü­hrers Charles Schwab. Schwab ist laut Insidern in fortgeschr­ittenen Gesprächen zum Kauf von TD Ameritrade. TD hat einen Börsenwert von 26 Milliarden Dollar (23,4 Mrd. Euro). Die Kartellbeh­örden werden das Vorhaben wohl intensiv prüfen.

Quartalsza­hlen von Foot Locker führten den Aktienkurs des Sportbekle­idungshers­tellers zeitweise um mehr als sechs Prozent in den Keller. Ähnlich bei Tesla, das seinen Elektro-SUV präsentier­te. Die Aktie sackte um 5,6 Prozent ab.

Im ATX in Wien waren Voestalpin­e, FACC, Bawag und Post-Aktien gut nachgefrag­t. (red)

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China hat sich einmal mehr zu den Pariser Klimaziele­n bekannt. Und dennoch fördert das Land weiter die Kohleindus­trie.

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