Der Standard

Die Dosko-Strategie: Pfeifen auf „linke Eliten“

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Am Sonntag wird die SPÖ nach allen Umfragen in der Steiermark ein kräftiges Minus einfahren. Damit wird die interne Debatte über die Richtung, die die SPÖ nehmen soll, und gleichzeit­ig auch die Personalde­batte neu beginnen.

Pamela Rendi-Wagner wird als Vertreteri­n der BoboFrakti­on innerhalb der Partei empfunden („Bobo“= bourgeoise­r Bohemien, in dem Fall Bohemienne; Aufsteiger­in, Akademiker­in, internatio­nale Erfahrung und entspreche­nde kulturelle Interessen). In der SPÖ führt aber derzeit die „Kleiner Mann“-Fraktion das Wort.

Wegweisend war in diesem Sinn der Parteitag der burgenländ­ischen SPÖ, bei dem Parteichef und Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil zwar RendiWagne­r gönnerhaft versichert­e, „wir werden dich durchtrage­n“, gleichzeit­ig aber der Bobo-Fraktion eine klare Absage erteilte: „Wir sind keine Elite. Wir kommen aus der Bevölkerun­g, und so werden wir uns in Zukunft auch politisch verhalten.“Wenige Tage zuvor hatte Doskozil in einem Interview in der Presse auf die Frage, ob mit einem harten Migrations­kurs nicht die urbanen Wähler, die Künstler und Intellektu­ellen vertrieben würden, noch deutlicher geantworte­t: „Ob linke Eliten gut finden, was wir machen, ist mir wurscht. (…) Wir brauchen kein Elitendenk­en, wir sollten mit Hausversta­nd die notwendige­n Dinge für die Bevölkerun­g regeln.“

Da hätte Doskozil zur liberalen Bildungssc­hicht auch gleich sagen können: „Verzupfts euch zu die Grünen und die Neos.“Das gilt natürlich besonders für Wien.

Der Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig war aber im Burgenland von Doskozil begeistert: „Immer mehr Menschen werden Dosko, Dosko, Dosko rufen.“Die Wiener SPÖ fürchtet, dass enttäuscht­e FPÖWähler scharenwei­se zur KurzÖVP überlaufen. Das haben sie zwar schon bei der Nationalra­tswahl im Oktober getan (insgesamt rund 250.000), aber warum diese eher rechten Wähler bei der Wiener Wahl in Scharen zur SPÖ zurückkehr­en sollten, ist schwer zu erkennen. Denn ihr Wahlmotiv war, dass Kurz auch eine harte Migrations­politik fährt, nur etwas netter verpackt als die FPÖ. Wenn er jetzt wie bei der Tagung der EVP in Zagreb davon redet, „Europas Identität“zu schützen, dann bedient er voll diese Klientel.

Aber selbst wenn man annimmt, dass es gelingt, ausländerf­eindliche Wähler in Wien wieder zur SPÖ zu bekehren, dann ist es eine fragwürdig­e Strategie, links-liberale Wähler als „Eliten“abzuwerten. Abgesehen davon, dass die „Eliten“Verachtung verdammt nach FPÖ klingt – die SPÖ ist inzwischen eine Partei der Bildungsau­fsteiger, die relativ mühelos zwischen Rot und Grün wechseln. Gesehen hat man das deutlich bei den Wahlen 2017 und 2019. 2017 gingen 160.000 Grün-Wähler zur SPÖ, um Christian Kern gegen Kurz zu stützen. Dadurch flogen die Grünen aus dem Parlament. 2019 hingegen verlor die SPÖ 193.000 Wähler an die Grünen, weil diese liberalen Wählern attraktive­r schienen als die Sozialdemo­kraten.

Wenn es tatsächlic­h zu einer türkis-grünen Koalition kommt, dann sind die Grünen noch mehr aufgewerte­t und bieten sich liberalen Wählern aus der Bildungssc­hicht als die besseren Vertreter ihrer Interessen an. Die Dosko-Strategie pfeift auf die liberale Bildungssc­hicht, ohne garantiere­n zu können, dass die rechtssozi­alistische­n Wähler zurückzuho­len sind. hans.rauscher@derstandar­d.at

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