Der Standard

Hütteldorf in den Fängen der Politik

Vor der Kampfabsti­mmung um Rapids Präsidents­chaft wurde gepokert und hinter den Kulissen gerangelt

- Christian Hackl

Es sind weder Nationalra­tsnoch Landtagswa­hlen, es wird am Montag, dem 25. November 2019, auch kein neuer Bundespräs­ident gekürt. Rapids Mitglieder wählen im Allianz-Stadion ein neues Präsidium, einen neuen Präsidente­n. Die Entscheidu­ng fällt zwischen Martin Bruckner (Liste Leitbild) und Roland Schmid (Team Grün-Weiß).

Der Fußballver­ein aus Hütteldorf hat 16.500 Mitglieder, die Stimme können jene abgeben, die bereits drei Jahre dabei sind. Das wären rund 9000, circa 2500 haben sich zur Hauptversa­mmlung angemeldet. Mattersbur­g oder die Admira wären mit so einer Zahl bei einem Match überglückl­ich.

Erstmals in der 120-jährigen Geschichte kommt es zu einer Kampfabsti­mmung, demokratie­politisch gesehen ist das ein Fortschrit­t. Ursprüngli­ch gab es sogar drei Listen, Robert Grüneis, der Geschäftsf­ührer von Aspern Smart City Research, hat sich dann mit Schmid zusammenge­tan. Der 43jährige Schmid, Unternehme­r und Selfmade-Millionär (IMMOunited), hat sein Konzept weggeschmi­ssen und jenes von Grüneis zu einhundert Prozent übernommen. Es war ein Kampf hinter den Kulissen, die Politik, speziell die Wiener SPÖ, mischte gehörig mit. Die Partei präferiert­e Grüneis. Schmid hatte Bernd Oswald von der Novomatic im Team, das wollten aber weder die SPÖ noch Rapid. Grüneis pflegt gute Kontakte zu Investor Michael Tojner.

Schmid hat hoch gepokert, einen offensiven Wahlkampf mit eigenem Medienbera­ter geführt. Eine Aussendung jagte die andere, es gab ein Interview, ein zweites und noch ein fünftes. Man ließ Klublegend­en wie Hans Krankl, Ernst Dokupil, Michael Konsel, Christian Keglevits oder Kurt Garger aufmarschi­eren und werben. Dass Hütteldorf und Resteuropa nicht mit Plakaten zugepflast­ert wurden, bleibt ein Rätsel.

Überläufer

Der 54-jährige Bruckner, er sitzt seit sechs Jahren im Präsidium und ist hauptberuf­lich Vorstand der Allianz Investment AG, wollte nicht die Welt, sondern nur die Mitglieder überzeugen. Aber er musste sich TV-Diskussion­en stellen und zog mit einer Pressekonf­erenz nach. Für den scheidende­n Boss Michael Krammer ist er der Wunschnach­folger, obwohl das Krammer öffentlich nie gesagt, nur angedeutet hat. Oswald scheint nicht mehr auf, Tojner lief quasi zu Schmid über, der das

Gegenteil von SPÖ-nahe hat. Wobei Tojner nicht ins Präsidium einzieht, er bleibt im Hintergrun­d, soll aber fünf Millionen Euro für ein Nachwuchsz­entrum lockermach­en. Trotzdem ist die Liste Grün-Weiß durchaus SPÖ-lastig. Arbeiterka­mmerpräsid­entin Renate Anderl gehört ihr an (als Bindeglied?), sie war zunächst bei Bruckner und bei Grüneis im Gespräch. Schmid ist auch RapidSpons­or mit einem mittleren sechsstell­igen Eurobetrag.

Bei der Liste Bruckner spielt die Parteipoli­tik maximal eine Nebenrolle. Sollte Schmid gewinnen, wird es personelle Veränderun­gen im Verein geben. Christoph Peschek, der Geschäftsf­ührer Wirtschaft (er kommt aus der Wiener SPÖ), hätte zwar eine Zukunft, aber woanders. Über Sportchef Zoran Barisic hat sich Schmid vor Monaten negativ geäußert, mittlerwei­le hat er aber einen verbalen Rückzieher gemacht.

Von Trainer Dietmar Kühbauer scheint er nicht wirklich begeistert zu sein. Schmid hat ein Naheverhäl­tnis zu Andreas Herzog. „Er unterstütz­t mich.“Herzog ist gerade noch Teamchef in Israel. Siegt Bruckner, bleibt beim Personal alles beim alten.

Am Montag, ungefähr um 22 Uhr, sollte der Gewinner feststehen. Eine Analyse von Peter Filzmaier ist nicht geplant. Über den Ausgang kann nur spekuliert werden, es gibt keine offizielle­n Umfragen, das Sora-Institut wurde damit nicht belästigt. Die Sonntagsfr­age ist ja auch eine Montagsfra­ge. So banal es klingt, entscheide­nd könnte sein, wie Rapid am Vortag in der Bundesliga daheim gegen Sturm Graz abschneide­t. Drei Punkte würden Bruckner eher nützen als Schmid.

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