Übermüdete Mütter in der Secession
Schlechte Mütter und kleine Keramiken stellt die Wiener Secession aktuell aus. Die einen sind drastisch, die anderen ein großes kurioses Vergnügen.
In der Secession riecht es nach Ölfarbe. Die Bilder von Tala Madani sind atelierfrisch aus Los Angeles nach Wien gereist. Es könnte noch wesentlich unangenehmer duften, denkt man an den Titel der Schau: Shit Moms. Die umgangssprachliche Wendung für schlechte Mütter nimmt die Künstlerin in über 30 großen und kleineren Gemälden wörtlich.
Auf einem sitzt zum Beispiel ein brauner Haufen in einem pink bezogenen Bett, drum herum stehen pausbäckige nackte Babys und greifen sehnsüchtig danach. Eine andere Shit Mom schaut auf ihr auf dem Boden liegendes Baby hinunter. Woanders reiten Kinder auf ihrer gatschig zerlaufenden Kotmutter.
Diese drastischen Bilder verdanken sich einem Zufall. Als die Künstlerin, 1981 in Teheran geboren, ihr zweites Kind bekommen hatte und nach Monaten wieder im Studio stand, wollte sie eine Mutter-Kind-Szene malen. Das geriet aber kitschig. Sie wischte die Mutter weg, der unbeabsichtigte Effekt gefiel ihr. Madani wundert sich noch immer, dass noch nie jemand so etwas gemalt hat.
Immerhin ist die Ikonologie von Mutter und Kind eine der populärsten der westlichen Kunstgeschichte – stets mit einem Höchstmaß an Harmonie und Idealisierung umgesetzt. Madanis Mütter sind bemüht, doch genauso sehr auch überfordert und übermüdet.
Riesige Penisse als Gefahr
Vor den Müttern hat Madani Männer in der Krise gemalt. Als herrenlose Spermaflecken und in Trickfilmen vom vergangenen Jahr sind sie in Shit Moms gegenwärtig. In einem Film trägt eine Gruppe von Männern einen riesigen Penis, richtet ihn auf, er fällt um und zermatscht sie. In einem anderen beginnt ein Kerl im Kino zu masturbieren. Er nestelt seinen Penis aus der Hose, der wächst daraufhin unaufhörlich, gerät außer Kontrolle und schlägt um sich.
Madanis Arbeiten haben Witz, sind intim und zugleich ambivalent. Sie wirken wegen ihrer drastischen Motive, malerisch geben die oft leer wirkenden Leinwände aber weniger her. Wirklich zum Schauen laden im Keller kleine Objekte des ebenso aus Kalifornien stammenden Ron Nagle ein. Der ist 80 Jahre alt und beschäftigt sich seit deren 60 mit quietschbunt glasierten und nie mehr als 15 Zentimeter großen Keramiken.
Jede der poppigen Preziosen ist entweder in eine erleuchtete Nische in der Wand eingelassen oder steht auf einem eigenen Sockel. Sie erinnern an Weltraumstädte oder Formen aus der Biologie oder Spielzeugwelt. Ihre Oberflächen sind rau, glatt, porös, glänzend, gewellt, gebogen. Nagle begreift seine Arbeiten als dreidimensionale Gemälde. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Bis 9. 2.