Der Standard

Strache will wieder Wiener FPÖ-Chef werden

Exvizekanz­ler fordert Votum der Parteibasi­s

- Theo Anders

Wien – Mitten in das FPÖ-Debakel bei den steirische­n Landtagswa­hlen platzt Exparteich­ef HeinzChris­tian Strache, der wieder auf die politische Bühne drängt. In einem Facebook-Posting fordert Strache von der FPÖ die Aufhebung seiner Suspendier­ung und bringt sich für die Wien-Wahl in Stellung: Er will die Parteibasi­s darüber abstimmen lassen, wer die FPÖ in Wien künftig anführen soll – ein Affront gegenüber seinem Nachfolger Dominik Nepp, der als blauer Spitzenkan­didat vorgesehen ist. Straches Rückzug aus der Politik könnte nur von kurzer Dauer gewesen sein, auch ein Antritt mit einer eigenen Liste ist denkbar. (red)

Ein halbes Jahr nach Ibiza und zwei Monate nach der Spesenaffä­re sorgt HeinzChris­tian Strache schon wieder für Ungemach bei der FPÖ. Dabei ist die Lage nach der Steiermark-Wahl ohnedies verheerend genug. Für den neuen Parteichef Norbert Hofer ist es nach den Nationalra­tswahlen und dem Verlust von fast zehn Prozentpun­kten in Vorarlberg bereits das dritte Debakel in Folge. Die Freiheitli­chen kommen nicht aus der Defensive. Täglich werden neue Details rund um den blauen Postenscha­cher und Absprachen mit dem Glücksspie­lkonzern Novomatic an die Öffentlich­keit gespielt.

Zu allem Überdruss für Hofer kommen nun noch die Ambitionen seines Vorgängers HeinzChris­tian Strache hinzu, der online und offline nicht lockerlass­en kann. Am Samstag trat Strache als Redner bei einer Demonstrat­ion in Wien auf, um gegen das neue Rauchverbo­t zu wettern. Vom Bad in der Menge fühlte sich Strache am selben Abend offenbar bei der Bedienung der PC-Tastatur enthusiasm­iert. Prompt brachte er sich in einem Facebook-Posting wieder als Politiker ins Spiel: „Ich biete der FPÖ die Aufhebung meiner Suspendier­ung und Rückkehr als Wiener Parteichef an. Die Parteibasi­s soll beim kommenden Landespart­eitag entscheide­n. Machen wir eine demokratis­che Basisabsti­mmung, wer die FPÖ in die Zukunft und Wiener Wahl 2020 führen soll!“

Die Parteispit­ze, die sich von ihrem ehemaligen Obmann emanzipier­en will, gerät damit unter Zugzwang, ihren Ex-Chef endgültig aus der Partei auszuschli­eßen. Ein Antreten Straches mit einer eigenen Liste bei der Gemeindera­tswahl in der Bundeshaup­tstadt kommendes Jahr wird somit immer wahrschein­licher. Parteiinte­rne Lagerbildu­ngen und persönlich­e Schlammsch­lachten in der für die FPÖ so wichtigen Wiener Landesgrup­pe sind vorprogram­miert. Damit scheint eine Neuauflage der türkisblau­en Koalition, mit der Hofer immer noch liebäugelt, kaum mehr realistisc­h. Mit einer instabilen FPÖ wird die ÖVP nichts riskieren wollen.

ÖVP mit Rückenwind

Die Bundes-ÖVP bekommt durch die steirische­n Ergebnisse Rückenwind für die türkisgrün­en Koalitions­verhandlun­gen. Sebastian Kurz, der beim Endspurt des Wahlkampfs in Graz dabei war, kann das Plus von rund acht Prozentpun­kten in einem so wichtigen Bundesland als Erfolg verbuchen, auch wenn er Landeshaup­tmann Schützenhö­fer den öffentlich­en Jubel überlässt. Jenes rechte Wählerrese­rvoir, das zwischen FPÖ und ÖVP schwankt, ließ sich vom türkis-grünen Schreckges­penst, das die FPÖ aufzubauen versucht, offenbar nicht von einer Entscheidu­ng zugunsten der ÖVP abhalten. Darüber hinaus verspreche­n die Zugewinne des grünen Verhandlun­gspartners eine positive Stimmung bei den Gesprächen in Wien. In Summe haben ÖVP und Grüne in der Steiermark um dreizehn Prozentpun­kte zugelegt.

Trotz Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft gegen Ex-Finanzmini­ster Hartwig Löger in der Casinos-Affäre gelingt es der ÖVP bislang, von den Enthüllung­en zum Postenscha­cher in der Kurz-Strache-Regierung weitgehend unbeschade­t zu bleiben. Dabei legen jüngst im Profil veröffentl­ichte Chatprotok­olle nahe, dass die ÖVP-Regierungs­mannschaft durchaus in die Absprachen zum Umbau des Casinos-Vorstandes involviert war und es weitreiche­nde personelle Abtauschge­schäfte zwischen den Regierungs­partnern gab. Im steirische­n Wahlkampf spielte die komplexe Causa keine Rolle. Sebastian Kurz hielt sich vergangene Woche gekonnt von dem Thema fern. Die Vorwürfe würden sich in Luft auflösen, kommentier­te er knapp.

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