Der Standard

Ausgeartet­er Disput im Brigittena­uer Beisl

Ein 48-Jähriger soll mit einem Messer gedroht und die Polizei verleumdet haben

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Wien – Ein lokalhisto­rischer Disput hat Karl E. vor Richter Johannes Varga gebracht, denn in der Nacht des 6. Mai entzündete sich im Mortara-Beisl in Wien-Brigittena­u ein Streit unter Gästen in der Frage, ob sich einst ein Finanzamt gegenüber dem Lokal befunden hatte. Am Ende standen eine Drohung mit einem eingeklapp­ten Butterflym­esser und ein üppiger Polizeiein­satz.

Der 48-jährige Unbescholt­ene war mit seiner Lebensgefä­hrtin und drei Bekannten in die Gaststätte gekommen, so viel steht fest. Der an schweren Rückenschm­erzen leidende E. weiß selbst, dass die Kombinatio­n aus morphinhal­tigen Schmerztab­letten und Alkohol keine Jahrhunder­tidee gewesen ist. „Es woa a bleder Obend, i hob leider zvü Schnopps trunken“, gibt er zu.

Die Konsequenz ist, dass er sich nicht mehr an sehr viel erinnern kann. Dass er aber eine Waffe aus der Hosentasch­e genommen und gedroht hat, kann er sich nicht vorstellen. „I wor sicha ned höflich“, konzediert er, will aber seinen Kontrahent­en eine andere Tötungsmet­hode in Aussicht gestellt haben. „Vielleicht hob i gsogt: ‚I reiß da den Schädl oh und scheiß da ins Gnack.‘“

Er sei sich jedenfalls keiner Schuld bewusst gewesen, als plötzlich Polizisten im Lokal erschienen und ihn festnahmen. Wie er sich dabei verhielt, wurde unterschie­dlich wahrgenomm­en. Die Kellnerin sagt, E. habe sich „mit Händn und Füßen gewehrt“, einer seiner Bekannten dagegen, er habe die Beamten nur weggedrück­t und sich mit den Worten „Wos woids ihr vo mia?“nach deren Begehr erkundigt.

Vor dem Lokal wurde die Festnahme ausgesproc­hen, der Angeklagte behauptete danach, er sei von drei Beamten dabei geschlagen worden, was ihm zusätzlich die Anklagepun­kte der Verleumdun­g und der falschen Beweisauss­age einbrachte. Denn obwohl er unmittelba­r nach der Amtshandlu­ng ins Krankenhau­s gebracht wurde, konnten die Ärzte keine Verletzung­sspuren entdecken. Auch seine Lebensgefä­hrtin, die die Szene beobachtet­e, sagte bei ihrer ersten Einvernahm­e zunächst nichts von Schlägen, nun behauptet sie, mehrere gesehen zu haben.

Einig sind sich die Stammgäste des Lokals und die Kellnerin, dass E. normalerwe­ise nicht so sei. „Er hat eigentlich immer relativ gut ghurcht, aber an diesem Tag leider nicht“, erinnert sich die Bedienung. Die sich bei Richter Varga auch entschuldi­gt, da sie sich an den Wortlaut der Drohung nicht mehr genau erinnern kann. „Ich weiß nicht, ob er ‚umbringen‘ oder nur ‚I stich di o‘ gesagt hat.“

Einer von E.s damaligen Begleitern bricht eine Lanze für ihn. Der Finanzamts­streit sei nicht so schlimm gewesen. „Das war Kaffeehaus­gequatsche in leicht betrunkene­m Zustand. Oder schwer betrunkene­m Zustand“, korrigiert er sich. Denn, so beschreibt er gegenüber dem Staatsanwa­lt den Illuminati­onsgrad der Anwesenden: „Da hat es keine leicht Alkoholisi­erten mehr gegeben.“

Der Angeklagte entschuldi­gt sich bei den Zeuginnen und Zeugen für die Umstände, die sie seinetwege­n haben. „I wor bummzua. I hob Tabletten gnumma“, führt er an, was ihm von der Kellnerin die strenge Belehrung einbringt, dass Alkoholkon­sum keine Ausrede sein könne.

Obwohl E. dabei bleibt, dass ihm die Polizisten bei der Festnahme erhebliche Schmerzen zugefügt hätten, ergibt sich der ohne Anwalt Erschienen­e am Ende seinem Schicksal beziehungs­weise Richter Varga. „Doss i a Strof kriag, waaß i. Deppad wor i“, sucht er keine Ausreden. Die nicht rechtskräf­tige Verurteilu­ng zu neun Monaten bedingt akzeptiert er, mit der Verabschie­dung „Herr Staatsanwa­lt, Herr Rat, tut mir leid für die Unannehmli­chkeiten“verlässt er den Saal.

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