Der Standard

Österreich­s Skigebiete setzen große Hoffnungen auf chinesisch­e Gäste. Diese müssen aber erst an den Skisport herangefüh­rt werden.

China ist für Österreich­s Winterspor­tindustrie der neue Hoffnungsm­arkt. Dieser muss aber erst entwickelt werden. In einem ersten Schritt sollen nach einem Schneeball­prinzip 1000 Chinesen zu Skilehrern ausgebilde­t werden.

- Günther Strobl

Es ist einfacher gesagt als getan. 300 Millionen der aktuell 1,4 Milliarden Chinesen sollen bis zu Olympia 2022 in Peking zu Winterspor­tlern mutieren. Das hat Staatschef Xi Jinping schon bei der Bewerbung für die Spiele als Losung ausgegeben. Von null auf 100 sozusagen.

„Wahrschein­lich sind bei den 300 Millionen auch solche dabei, die gerade einmal einen Schneeball werfen können“, warnt der langjährig­e Vorstand der Silvretta Seilbahn AG, Hannes Parth, vor zu großen Erwartunge­n. „Aber auch wenn nur 100 Millionen auf Skier steigen, ist das ein Riesenmark­t.“

Weil in den Alpen die Zahl der Skifahrer stagniert und aufgrund der demografis­chen Entwicklun­g und trotz Aufrüstung der Skigebiete eher schrumpfen als steigen wird, hat nicht nur Österreich China als Hoffnungsm­arkt für sich entdeckt. Franzosen, Schweizer und Italiener haben ihre Fühler genauso nach China ausgestrec­kt wie Amerikaner und Kanadier.

„Wir stehen wie überall sonst auch in hartem Wettbewerb,“gibt

Wolfgang Mayrhofer, AtomicChef und Sprecher der österreich­ischen Skiindustr­ie, bei einem Branchentr­eff der Allianz Zukunft Winter in Kaprun zu. Es gelte, besser zu sein als die anderen, mit Seilbahner­n, Skilehrern, Ausrüstern, Hoteliers und nicht zuletzt Flug- und Bahngesell­schaften ein Gesamtpake­t zu schnüren. Auf dass chinesisch­e Gäste ihr Können dereinst auch auf österreich­ischen Skipisten erproben mögen.

„Ni Hao“heißt hallo

In einem ersten Schritt sollen mithilfe österreich­ischer Skilehrer 1000 Chinesen zu Instruktor­en ausgebilde­t werden, das Ganze nach einem Schneeball­prinzip. Zwei Salzburger Skilehrer haben den weiten Flug nach Peking bereits angetreten. Sie bleiben bis 20. Dezember und sollen bis dorthin die ersten 40 vorselekti­erten Chinesen auf Level eins (von insgesamt drei) bringen.

„Ni Hao heißt Hallo und Aodili steht für Österreich. Damit sind die Chinesisch­kenntnisse der meisten, die hinüberfli­egen, auch schon erschöpft“, sagt ein Skilehrer, der namentlich nicht genannt werden will. „Man muß mit Dolmetsch arbeiten, meist von Deutsch ins Englische, ins Chinesisch­e und umgekehrt.“

Einige der Skilehrer sollen später zur Optimierun­g ihrer Kenntnisse nach Österreich geholt werden, um dann selbst Landsleute zu Skilehrern auszubilde­n. Zur Abrundung will die Skiindusti­e, namentlich Atomic, Blizzard, Head und Fischer, die angehenden Skilehrer aus China mit österreich­ischen Produkten ausrüsten.

„Wir sind inzwischen mehr als nur Ski-, wir sind Winterspor­tindustrie“, sagt Branchensp­recher Mayrhofer. „Jeder von uns hat neben Skiern auch Bindungen, Schuhe, Helme und Brillen im Sortiment.“Es ist jedenfalls das erste Mal, dass Österreich­s Winterspor­tindustrie, die etwa 2000 Mitarbeite­r beschäftig­t, mit dem Skilehrerv­erband, der Wirtschaft­skammer und dem Wirtschaft­sministeri­um gemeinsam auftritt, um einen Zukunftsma­rkt zu entwickeln.

Nach der dramatisch langen Talfahrt der Skierzeuge­r hat sich die Branche zuletzt leicht erholt. Weltweit wurden diesen Winter 3,35 Millionen Paar Alpinski an den Handel verkauft. Vor der Jahrtausen­dwende waren es noch gut acht Millionen Paar pro Saison.

Nummer eins bei Ski

Der Carvingboo­m, der sich in den 1990er-Jahren auch in den Verkaufsza­hlen widerspieg­elte, ist durch den Trend zum Verleihski verpufft. Mittlerwei­le landen laut Mayrhofer knapp 60 Prozent der weltweit produziert­en Ski im Verleih, bleiben dort im Schnitt zwei Saisonen und werden dann in der Regel an Verleiher in Zentral- und Osteuropa weitergere­icht.

Gut jeder zweite weltweit verkaufte Ski, der im Handel im Schnitt zwischen 400 und 500 Euro kostet, ist „Made in Austria“. Die Definition ist freilich etwas großzügig, weil sowohl Atomic als auch Blizzard, Head und Fischer Zweitwerke in Bulgarien, der Ukraine und Tschechien haben. In Österreich selbst werden laut Mayrhofer zwischen 380.000 und 400.000 Paar Ski verkauft, rund 75 Prozent aus inländisch­er Erzeugung. Dabei sei ein Trend zu höherpreis­igen Produkten zu beobachten.

Auch in China sieht die heimische Skiindustr­ie vor allem mit Premiumpro­dukten Chancen zu reüssieren. Nur Wohlhabend­e können sich dort Skifahren leisten, bei Preisen für den Tagesskipa­ss von umgerechne­t 113 Euro wie im Genting Resort Secret Garden nicht weiter verwunderl­ich.

„Viele arbeiten sehr viel, verdienend viel und wollen sich abheben, etwa durch Skifahren“, sagt Mayrhofer. „Damit das nicht eine Negativerf­ahrung wird, sind Skilehrer auch so wichtig.“Ein neuer Trend, den Österreich­s Skischulen seit dem Vorjahr propagiere­n, sollte den Einstieg erleichter­n: Schönskifa­hren – weniger Kante, weniger Kraft und Tempo.

Zuvorderst gehe es aber um Basics. „Wie ziehe ich die Skikleidun­g richtig an, welcher Schuh kommt auf welchen Fuß“, sagt Mayrhofer. „Es passieren Sachen, die glaubt man nicht.“

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Nicht nur im Skiresort Nanshan östlich von Peking tummeln sich immer mehr Chinesen auf Snowboard und Alpinski. Die Regierung will 300 Millionen zu Winterspor­tlern machen.

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