Der Standard

Gleichbere­chtigung schützt

- Beate Hausbichle­r

Das Entsetzen ist groß, wenn das Äußerste passiert – wenn Frauen ermordet werden und oft auch ihre Kinder oder andere Angehörige. Viele fragen dann nach dem Warum. Man versucht sich in psychologi­schen, milieu- und, wenn es zu passen scheint, auch in kulturspez­ifischen Erklärunge­n.

Es ist verständli­ch, dass man sich das Geschehene begreiflic­h machen will. Nicht verständli­ch ist, wenn das, was wir über Gewalt gegen Frauen wissen, unter den Tisch fällt. Wir wissen, dass diese Gewalt Frauen trifft, weil sie Frauen sind. Dass sie zu einem überwiegen­den Teil von Männern ausgeht, mit denen die Frauen zusammen sind – oder es früher waren. Dass in Österreich jede fünfte Frau ab dem 15. Lebensjahr Gewalt erfährt und dass das so ist, weil die Geschlecht­erverhältn­isse so sind, wie sie sind.

Doch dieses große Ganze wird nach wie vor kaum gesehen. Erst recht nicht, wenn die schrecklic­hen Fälle schon wieder verblasst sind. Dann erscheint eine Aufstockun­g des Budgets des Frauenmini­steriums als völlig unnötig.

Dabei liegt es auf der Hand, dass Gleichstel­lung das wirksamste Instrument gegen Gewalt gegen Frauen ist. Ökonomisch­e Abhängigke­it ist für Frauen ein Sicherheit­srisiko, und trotzdem ist die Abwertung der Arbeit von Frauen Alltag in unserer Gesellscha­ft: Für ihre Fürsorgear­beit erhalten sie nichts, für ihre Lohnarbeit weniger als Männer. Die Politik tut dagegen seit Jahren wenig bis nichts.

Als Anfang des Jahres innerhalb von 15 Tagen vier Frauen ermordet wurden, kündigte die türkis-blaue Regierung ein „Maßnahmenp­aket“an. Davon geblieben ist ein Gewaltschu­tzgesetz, das von Expertinne­n scharf kritisiert wird. Die neue Regierung sollte einen konsequent­en Umgang mit Gewaltschu­tz finden und die Forderunge­n nach mehr Geld für Gleichstel­lungspolit­ik ernst nehmen. Nicht nur dann, wenn wieder etwas passiert ist.

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