Der Standard

Machtkampf unter den deutschen Rechten

Am Wochenende wählt die AfD ihre Parteispit­ze neu. Eigentlich wollte Alexander Gauland (78) dabei seine Nachfolge regeln. Doch nun gibt es so viele unliebsame Kandidaten, dass er erwägt, doch weiterzuma­chen.

- Birgit Baumann aus Berlin

Der offizielle Hinweis dafür, dass am Samstag beim Bundespart­eitag der AfD nicht alles glattlaufe­n könnte, findet sich auf der vorläufige­n Tagesordnu­ng unter Punkt 13. „Ggf. Wahl eines Ehrenvorsi­tzenden“, heißt es dort. Gegebenenf­alls – man weiß also noch nicht, ob der jetzige Vorsitzend­e, Alexander Gauland, tatsächlic­h zu dieser Wahl antritt.

Sein Plan wäre es. Gauland ist 78 Jahre alt, er hat maßgeblich zum Aufbau der AfD beigetrage­n, doch jetzt möchte er nicht mehr gemeinsam mit dem Co-Vorsitzend­en Jörg Meuthen (58) in der ersten Reihe stehen, sondern nur noch Ehrenvorsi­tzender sein und sich auf die Leitung der Bundestags­fraktion konzentrie­ren.

Meuthen tritt wieder an, und da es bei der AfD eine Doppelspit­ze gibt, wird ein Nachfolger für Gauland gesucht. Die Parteiführ­ung favorisier­t Gaulands Protegé Tino Chrupalla. Der 44-Jährige kommt aus Sachsen und zog im Jahr 2017 in den Bundestag ein. Er ist Malermeist­er und kümmert sich in der AfD-Bundestags­fraktion um die Finanzen, als AfD-Chef soll er den Mittelstan­d ansprechen.

Chrupalla gilt als Vermittler zwischen den Lagern, er kann mit allen gut – auch mit dem vom thüringisc­hen AfD-Chef Björn Höcke dominierte­n „Flügel“ganz rechts außen. Eine Zeit lang dachte man in der AfD, Höcke werde selbst bei den Vorstandsw­ahlen kandidiere­n, aber dieser hatte dann keine diesbezügl­ichen Ambitionen erkennen lassen.

Er rät, dass aufgrund der jüngsten Wahlerfolg­e der AfD in Sachsen, Brandenbur­g und Thüringen einer der Chefs künftig aus dem Osten kommen sollte, was in der Partei als Empfehlung für Chrupalla gewertet wird. Bis hierher lief – aus Gaulands Sicht – für die Erbfolge also alles glatt. Doch in den vergangene­n Tagen machten ihm einige AfD-Politiker einen Strich durch die Rechnung.

Scharfe Rhetorik

So hat der Berliner Bundestags­abgeordnet­e Gottfried Curio (59) seine Kandidatur gegen Chrupalla angekündig­t. Der Einzelgäng­er ist in der Fraktion nicht der beliebtest­e, kommt aber mit seiner scharfen Rhetorik bei AfD-Anhängern sehr gut an. Verschleie­rte Frauen bezeichnet er als „schwarzen Sack, ein Sack, der spricht“. Von ihm stammt auch die Aussage: „Masseneinw­anderung ist auch Messereinw­anderung.“

Ebenfalls AfD-Chef werden möchte Wolfgang Gedeon (72) aus Baden-Württember­g. Die AfD versucht seit Jahren, ihn wegen antisemiti­scher Äußerungen aus der Partei auszuschli­eßen, im Landtag von Baden-Württember­g sitzt er nur noch als wilder Abgeordnet­er. In seiner Bewerbung für die Wahl erklärt er: „Der Antisemiti­smus in Deutschlan­d wird durch ein Heer staatlich bezahlter Antisemiti­smus-Beauftragt­er und ihrer medialen Handlanger aufgebausc­ht.“

Auch zwei Frauen sind im Rennen: Dana Guth (49), Landeschef­in von Niedersach­sen, und Nicole Höchst. Die 49-jährige Bundestags­abgeordnet­e aus Rheinland-Pfalz hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mit Hitler gleichgese­tzt und erklärt: „Der Schnauzer trägt jetzt Raute.“

Anarchisch­e Partei

Zudem wollen noch andere, allerdings unbekannte AfD-Funktionär­e Bundesspre­cher werden, so heißt der Chefposten bei der AfD korrekt. Aufgeschre­ckt durch dieses Gedränge hat Gauland doch noch in letzter Minute eine Kehrtwendu­ng vollzogen und hält sich eine neuerliche Kandidatur offen – vor allem mit Blick auf Curio.

„Viele Leute kennen Curio, und er hält gute Reden. Die Partei ist anarchisch. Ich weiß nicht, wie es ausgeht“, sagte Gauland dem Focus zu seiner Planänderu­ng.

Der Parteitag, auf dem es absehbar turbulent zugehen wird, findet übrigens im niedersäch­sischen Braunschwe­ig in der Volkswagen­Halle statt. Doch der Schriftzug des Sponsors über dem Haupteinga­ng ist im Vorfeld mit grauen Platten abgedeckt worden. Die Belegschaf­t des Autobauers hatte dies gefordert, sie wollte keine AfD-Versammlun­g in einer Halle dulden, die als „Volkswagen“Halle zu erkennen ist.

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Der Sachse Tino Chrupalla (li.) ist der Wunschnach­folger von Alexander Gauland an der AfD-Spitze. Aber er hat Gegner.

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